Mit «Rosie» präsentierte Marcel Gisler einen berührenden Film: Lorenz Meran, ein 40-jähriger, erfolgreicher schwuler Schriftsteller in akuter Schaffenskrise, kehrt von Berlin in die Ostschweiz zurück. Er will sich um seine alte und pflegebedürftige Mutter Rosie kümmern. Zu Recht wurde «Rosie» an den Solothurner Filmtagen 2013 von Publikum und Kritik gleichermassen gefeiert und danach in allen relevanten Kategorien für den Schweizer Filmpreis nominiert.
Rosie
Schauspielerin Sibylle Brunner als Rosie ist umwerfend. Ihr Kampf gegen Bevormundung und den Verlust der eigenen Würde ist feinfühlig inszeniert.
Marcel Gisler
Der Ostschweizer Regisseur Marcel Gisler wurde bereits 1999 für «De Fögi isch en Souhund»/«F. est un salaud» mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet. Mit «Rosie» bewies er 2013, nach rund 14 Jahren «Sendepause», erneut sein Talent für die grosse Leinwand. Danach folgten der Dokumentarfilm «Elektroboy», der das unglaubliche Leben des einstigen Schweizer Supermodels Florian Burkhardt aufzeichnet und der Spielfilm «Mario», die Geschichte eines schwulen Fussballprofis.
Zum Film
Als Lorenz sich mit der Tatsache konfrontiert sieht, dass die lebenshungrige Rosie sowohl fremde Hilfe als auch das Altersheim ablehnt, sitzt er vorerst einmal im heimatlichen Kaff Altstätten fest. In den Wirren von Rosies Kampf gegen Bevormundung und den Verlust der eigenen Würde, von Familienzwist und alten Geheimnissen entgeht Lorenz beinahe, dass die Liebe an seine Tür klopft.
arttv Rezension
Fünfzehn Jahre lang hat sich Regisseur Marcel Gisler seit seinem Erfolg «De Fögi isch en Souhund» für seinen neuen Film Zeit gelassen. Das Warten hat sich gelohnt. Mit «Rosie» präsentiert Gisler einen feinfühligen, berührenden Film und bescherte damit den diesjährigen Solothurner Filmtagen den besten Eröffnungsfilm seit langem. Dass «Rosie» das Festival eröffnen durfte, hat viel mit der Direktorin der Solothurner Filmtage zu tun, Seraina Rohrer, die von den Schweizer Regisseuren immer wieder mutigere und persönlichere Filme fordert. Filme, die eine eigenständige Handschrift aufweisen und nicht von vornherein allen gefallen wollen, auch nicht partiell. «Rosie» ist so ein Film. Geprägt ist der Film zudem durch hervorragende Schauspieler, insbesondere Sibylle Brunner in der Titelrolle, die für ihre Leistung mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet wurde. Felix Schenker, arttv.ch
Anmerkungen des Regisseurs
In den 14 Jahren, während denen es keinen von mir realisierten Film zu sehen gab, war ich doch fortwährend mit dem Filmhandwerk beschäftigt, z.B. als Drehbuchautor von 36 Folgen der Schweizer Fernsehserie «Lüthi & Blanc».
«Rosie» bildet folglich keinen Neuanfang, sondern eine Fortführung meines filmischen Schaffens. Dennoch gab es bei diesem Film für mich in mancher Hinsicht ein «erstes Mal». Ich hab zum ersten Mal in Schweizerdeutsch gedreht. Bislang war ich der Meinung, unsere Mundart wäre zu sperrig oder zu unbeholfen für das Medium Film. Das war ein Irrtum. Und ich habe zum ersten Mal ausschliesslich mit Schweizer Schauspieler*innen gedreht. Auch in dieser Hinsicht musste ich Vorurteile korrigieren. Wir haben grossartige Protagonisten schweizerischer Herkunft. Sibylle Brunner, Fabian Krüger und Judith Hofmann. Und schliesslich habe ich mich zum ersten Mal filmisch mit meiner Familie auseinandergesetzt. Mein Heimatort Altstätten in der Ostschweiz, eine Kleinfamilie mit zwei Kindern, einer Tochter und einem Sohn, der früh verstorbene Vater, der Profiboxer gewesen war, die Spekulation über seine Homosexualität, die Vereinsamung der Mutter – all dieses autobiographische Material bildet den Rahmen der Filmerzählung. Rosie ist im Drehbuch so genau wie möglich nach dem Vorbild meiner Mutter gezeichnet, die vor zehn Jahren gestorben ist. Der Film ist eine Hommage an sie.