Investmentbanker Hans-Peter hat den Börsencrash vermeintlich gut überstanden. Doch an einem Grillabend mit seinen Banker-Freunden verliert er alles: Haus, Frau, Freunde und den Job. «Nachbeben» von Stina Werenfels taucht unerschrocken ins Zürcher Bankenmillieu ein und beeindruckt vor allem durch exzellente Schauspieler*innen. Der Film hat auch rund 15 Jahre nach seinem Erscheinen nichts an Kraft und Aktualität verloren. Auf Play Suisse kann er jetzt kostenlos gestreamt werden.
Nachbeben
Für arttv Chefredaktor Felix Schenker ist er der Liebling unter den Schweizer Spielfilmen der letzten 15 Jahre: «Nachbeben» von Stina Werenfels
Zum Film
Ein Grillabend bei Banker HP läuft aus dem Ruder: Seine Frau trinkt zu viel, sein Chef bringt HPs Nachfolger mit und sein Au-pair läuft Amok. HP versucht verzweifelt, seine Haut zu retten und einen wichtigen Deal unter Dach und Fach zu bringen. Am Ende der Nacht muss er ganz von vorn beginnen.
Filmjournalistin Marcy Goldberg zum Film
Im Leben des Investmentbankers Hanspeter (HP) und seiner Frau Karin brodelt einiges unter der Oberfläche. Zum Eklat kommt es an einem Grillabend im Garten ihrer durchgestylten Zürichsee-Villa. Mit dabei: der pubertierende Sohn, das dänische Au-pair-Mädchen, HPs Chef und seine Frau, und der listige Praktikant. Eine Konstellation, in der es von Intrige, Verrat und Machtspielen wimmelt. Als der Abend vorbei ist, bleibt nichts mehr, wie es war.
«Nachbeben» gehört zu den seltenen Schweizer Spielfilmen, die im Finanzmilieu angesiedelt sind. Als Vorbereitung für ihren ersten abendfüllenden Kinofilm arbeitete Stina Werenfels eine Zeit lang im Bankwesen – und beobachtete die Szene so scharfsinnig, dass ihre Geschichte nicht nur bis heute verblüffend authentisch wirkt, sondern bereits 2006 die Finanzkrise von 2008 und danach vorwegnahm.
Ähnlich wie Claude Gorettas «L’Invitation» (1973) – der andere grosse Gartenparty-Film der Schweizer Filmgeschichte – führt «Nachbeben» in die Welt des schönen bürgerlichen Scheins, um die darin verstecke Heuchelei, Torheit, Grausamkeit und Verzweiflung auf genüssliche Art zu entlarven. Werenfels verführt uns mit ihren tief gezeichneten Figuren und schillernden, bunten Oberflächen, bis der Schluss uns wie eine Ohrfeige erwischt.
(Quelle: filmo.ch)
Regisseurin Stina Werenfels zum Film
«Mein Film beschreibt metaphorisch jenes Beben, das dem vermeintlich gut überstandenen ersten Beben folgt. Der Film spielt im Privatleben eines Bankers, welches als Folge des Börsencrashs der Jahrtausendwende eine zweite Welle von Erschütterungen erfährt: Diese legt seine mit aller Kraft aufgebaute Welt in Schutt und Asche. Dabei wollte ich den psychischen Zusammenbruch dieser Familie natürlich nicht als naturgegebenes Phänomen betrachten. Im Gegenteil: Ich wollte untersuchen, was geschieht, wenn Männer der Finanzwelt ihre Handlungsweisen direkt ins Private hineintragen. Wohlstand und der Kampf um Besitzstandswahrung sind in der Schweiz allgegenwärtig: Mein Film zeigt den menschlichen Preis, der dafür bezahlt werden muss.»
Stina Werenfels