Das Zisterzienserinnenkloster Magdenau im Untertoggenburg besteht seit über 770 Jahren. Vorübergehend beherrscht zeitgenössische Kunst das Gästehaus des stillen Klosters. Die gezeigte Kunst intensiviert die Aufmerksamkeit für diesen besonderen Ort und schärft die Sinne der Besucher.
Kloster Magdenau | Des einen Glanz, des anderen Glut | Kunst an einem besonderen Ort
Kulturerbe im Dialog mit aktueller Kunst
Seit über 770 Jahren dient das Kloster Magdenau, idyllisch gelegen in den Hügeln zwischen Flawil und Degersheim, dem klösterlichen Leben. Mit grosser Selbstverständlichkeit ordnen hier bis heute Klosterfrauen ihr Dasein nach den Regeln des heiligen Benedikt, beten und arbeiten, und pflegen zudem eine explizite Gastfreundschaft für alle, die Ruhe suchen und die Stille schätzen. Das denkmalgeschützte Zisterzienserinnenkloster ist aber auch ein Hort kunsthistorischer und archivalischer Schätze, die insbesondere im historischen Gästetrakt des Klosters und in der Kirche zu finden sind und in denen sich trotz der Abgeschiedenheit des Klosters das Weltgeschehen spiegelt. «Unius splendor, alterius ardor»– «des einen Glanz, des andern Glut»: Der Titel der Ausstellung ist einem der Embleme entlehnt, die im zweiten Stock des Gästehauses im Zisterzienserinnenkloster Magdenau die Wände im Vestibül als Zyklus umziehen. Es sind mit kurzen Texten kombinierte Freskenmalereien, bedeutungsvoll und rätselhaft zugleich. Embleme dieser Art waren im 17. Jahrhundert, als auch der Magdenauer Zyklus entstand, beliebt und dienten in ihrer allegorischen Deutung der Memorierung religiöser Lehrsätze, moralischer Verhaltensregeln und allgemeiner Lebensweisheiten. Der Magdenauer Zyklus ist einer der frühesten und eigenwilligsten.
Zwischen Verbrennen und Erkennen
Das Emblem «unius splendor, alterius ardor» zeigt einen Spiegel, der in der Landschaft steht und auf den die Sonne einstrahlt. Der Spiegel ist ein Bild für Eitelkeit und Selbstverliebtheit, bekannt etwa durch die Geschichte des Narziss in der griechischen Mythologie, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt und von dieser unstillbaren Liebe aufgezehrt wird. Auf der andern Seite ist der Spiegel aber auch ein Bild für Selbsterkenntnis, Wissen und Wahrheit, für das Reflektieren über sich und die Welt. Zwischen diesen beiden Polen von Verbrennen und Erkennen bewegt sich das Menschsein, und hier setzen die künstlerischen Beiträge von Alfred Sturzenegger, Manon, Jonathan Meese, Peter Dew und Sarah Elena Müller und Birgit Kempker an.
Sechs Kunstschaffende
Ein doppelseitiger Spiegel dreht sich um sich selbst. Er steht im schmucken Vestibül des klösterlichen Gästehauses und bringt den Raum mit seinen wunderbaren Malereien sowie alle, die den Raum betreten, in Bewegung. Manon hat die Installation für das Kloster hergerichtet, den Moment in seiner Unwiederbringlichkeit fokussierend. Die Flüchtigkeit unserer Existenz beschäftigt die St.Galler Künstlerin schon lange, doch erst im Kloster Magdenau erschien ihr das Wort dazu: Vanitas. Den Auftakt zur Ausstellung «Des einen Glanz, des andern Glut – Kunst im Kloster Magdenau» machen grossformatige Fotografien von Manon im Erdgeschoss. Es sind zum Teil nie gezeigte Arbeiten aus der Serie «Hotel Dolores», auch sie spüren der Vergänglichkeit nach.
Im Gästezimmer des Prälaten hat sich der in Berlin lebende Künstler Jonathan Meese mit bunten Malereien, der Werkgruppe «Keine Angst Familie» und seinem ganzen Universum eingerichtet. Im Medienraum nebenan zeigen Sarah Elena Müller und Birgit Kempker eine filmische Arbeit, die während eines längeren Aufenthaltes im Kloster Magdenau entstanden ist. Auf dem weitläufigen Dachboden sind Werke von Peter Dew und von Alfred Sturzenegger zu entdecken, die den Reichtum des Lebens in aller Stille auf den Punkt bringen.
Rund um den Säntis Die Ausstellung in Magdenau ist die erste Station der losen Reihe Kulturraum S4, initiiert und durchgeführt durch das Amt für Kultur des Kantons St.Gallen. Kulturraum S4 möchte als Fortsetzung des Kulturraums am Klosterplatz in St.Gallen rund um den Säntis und mehr oder weniger entlang der Bahnlinie S4 dem kulturellen Erbe im Dialog mit zeitgenössischem Werken von vorwiegend Ostschweizer und St.Galler Kunstschaffenden vermehrte Aufmerksamkeit und Wertschätzung geben und zugleich das Bewusstsein für den kulturellen Reichtum des Kantons steigern.