Kino | Let The Right One In
Über die Bewertung von Filmen scheiden sich die Geister. Zu Tomas Alfredsons nordischen Vampir-Drama gibt es bei art-tv diesmal ein PRO und CONTRA.
Synopsis: Das zwölfjährige Scheidungskind Oskar lebt mit seiner Mutter in Blackeberg, einem Vorort von Stockholm. Der blonde Jüngling ist das Paradebeispiel eines Einzelkindes, wird stets gehänselt und wenn er für einmal nicht gepiesackt wird, verbringt er die Zeit mit sich (mausbein-)allein. Je länger die Schikanen andauern entwickelt Oskar immer mehr Rachegelüste. Urplötzlich taucht das Nachbarsmädchen Eli, das er vorher noch nie gesehen oder bemerkt hat, auf einem Spielplatz auf. Das Mädchen mit den braunen Locken sieht ein wenig anders aus, riecht eher unüblich und scheint zudem kälteresistent zu sein. Langsam aber sicher bahnt sich da eine Freundschaft zweier aussergewöhnlicher Kinder an. Zeitgleich geschehen in Blackeberg mysteriöse Dinge; Morde stehen auf dem Speiseplan, stark fliessende Blutströme und Krankenhausbrände sind plötzlich keine Träumerei mehr, sondern Alltagsrealität. Die unüblichen Geschehnisse oder besser gesagt die schwedischen Bizarrerien halten das Teenie-Duo aber nicht davon ab, eine jugendliche Liebelei einzugehen. So fremdartig beide auch sind, ungleich sind sie fürwahr, was die eine oder andere (fatale) Überraschung nach sich zieht.
Über die Bewertung von Filmen scheiden sich die Geister. Das ist manchmal auch bei art-tv der Fall. Zu «Let The Right One In» gibt es diesmal ein PRO und ein CONTRA.
art-tv-Wertung-PRO: In dieser Vampirgeschichte aus dem dunklen Norden geht es weniger um die getreue Darstellung von Vampiren, denn um die emotionale Kälte in einem Stockholmer Vorort und dem Bedürfnis eines Jugendlichen nach Zuneigung. Ganz anders als in Hollywood-Verfilmungen zelebriert der Film eine Stille und Langsamkeit, die berührt, indem sie gleichzeitig Einsamkeit und Bedrohung, sowie Frieden und Vertrauen zu vermitteln mag. Die präzise Kameraführung unterstützt dabei den Genuss. Es ist vielmehr eine zarte Romanze, als ein Horror- oder Actionfilm, auch wenn einige Menschen ihr Leben lassen und blutige Körperteile im Detail gezeigt werden. Dies alles passiert im gedämpften Schneeland. Ein bedrückend und doch anmutender Vampirfilm anderer Art. (4 art-tv-Perlen)
Isabel Rohr
art-tv-Wertung-CONTRA: Der Leinwandhorror aus Schweden wird wagemutig (bar jeder Vernunft?) mit Pans Labyrinth von Guillermo Del Toro verglichen. Das ist doch sehr abenteuerlich, denn die einzige Parallele besteht darin, dass jeweils das komplexe Innenleben eines Kindes quasi nach Aussen gestülpt wird. Und damit hat es sich auch bereits. «Let the right one» in (zu Deutsch: So finster die Nacht), wurde von Tomas Alfredson verfilmt, der auch gleich für das Drehbuch verantwortlich zeichnete. Diese knapp zwei Stunden Spielzeit sind starker Tobak für den Besucher, dies insbesondere deshalb, weil der grosse Teil davon aus dem Dialog der zwei Kinder besteht. Es wirkt relativ rasch bemühend und hölzern, zumal der trockene, naturalistische Ansatz keinerlei Abwechslung bringt. Die Bildabfolge ist sicherlich relativ gut kombiniert worden, das allerdings reicht nicht, um den Kinobesucher richtig in den Bann zu ziehen. Der Regisseur Alfredson hat bislang einige Preise – hauptsächlich nordische – eingeheimst, so auch mit diesem «cinéastischen Zweistünder». Selbstverständlich hat der Film auch Höhepunkte: Der Schluss und die Preiskrönungen. (2 art-tv-Perlen)
Cyril Schicker