Kino | Les murs porteurs
Chaos im Hause Rosenfeld: Mutter Frida leidet an Demenz und wird plötzlich zum Pflegefall. Regisseur Cyril Gelblat nimmt sich in seinem Erstling dem Gefühlswirrwarr an…
Synopsis: «Les murs porteurs» erzählt die Geschichte der Pariser Familie Rosenfeld: Da ist zum einen Judith (Miou-Miou), die sich auch dann noch um ihren Sohn kümmert, als dieser schon in seine erste eigene Wohnung einzieht. Ihr Bruder Simon (Charles Berling) dagegen hat als Buchautor sein Leben ganz der Karriere verschrieben. Und dann taucht da Mutter Frida (Shulamit Adar) auf, verwirrt und auf der Suche nach ihrem verstorbenen Ehemann, im Haus ihrer Jugend an der Rue Turenne im Pariser Marais-Quartier. Mit zunehmender Demenz sucht sie die Orte ihrer Vergangenheit auf und konfrontiert so die Geschwister mit ihrer Gegenwart. Judith, allein stehend, muss sich wieder auf sich selbst besinnen und Simon erkennt, seine Tochter aus den Augen verloren zu haben. Stars: Miou-Miou ist eine vor allem in Frankreich bekannte Schauspielerin mit einer bis in die 70er Jahre zurückreichenden Filmbiographie. Sie spielte unter anderem mit Louis de Funès. Regie: Nach zwei Kurzfilmen ist dies Cyril Gelblats erster Kinofilm.
art-tv Wertung: «Les murs porteurs» ist typisches französisches Gefühlskino. Zum einen muss man dies zu Gute halten. Nichts kann französisches Kino besser, als die sozialen (und oftmals vergessenen) Aspekte in einer Gesellschaft hervorzuheben. Zum anderen leiden jedoch viele der neueren Filme darunter, dass oftmals das Gefühl Oberhand gewinnt und die Substanz verloren geht. So auch in «Les murs porteurs». Der Film beschäftigt sich sehr stark mit Alltagsproblemen. Dies fängt mit der Mutter Frida an, die an Demenz leidet und von den Kindern nicht gepflegt werden kann, geht weiter über deren Sohns Freundin, die vor die Wahl zwischen Karriere und Kinderkriegen gestellt wird, und hört bei dessen in der Pubertät stehenden Tochter auf. Durch die Probleme schafft der Film Alltagsnähe, gleichzeitig ist er dadurch aber auch stark negativ akzentuiert. Dies hält bis zum Schluss an und wird nicht klar aufgelöst. Es stellt sich deshalb leider die Frage nach der Botschaft und dem Sinn des Betrachtens, weshalb man gar ein bisschen das Ende des Films herbeisehnt. Fazit: Leider nur etwas für Schwerenöter und gefühlsbetonende Betrachter.
Sebastian Mayr