Der neueste Film von Nicola Bellucci zeigt auf eindringliche Weise, was es bedeutet, in einer gespaltenen Gesellschaft zu leben, die in einem Niemandsland zwischen Krieg und Frieden, Repression und Freiheit, Moderne und archaischen Sitten feststeckt.
Grozny Blues
Zum Film
Ein Gebäude im Zentrum Groznys, der Hauptstadt Tschetscheniens: Von ihrem Büro aus kämpfen Frauen für die Einhaltung der Menschenrechte; im Untergeschoss befindet sich der letzte Blues-Club, der noch regelmässig Live-Bands mit westlich orientierter Musik beherbergt. Der Clubbetreiber, eine junge Sängerin, drei Menschenrechtlerinnen und eine inzwischen in die Schweiz geflohene Emigrantin erzählen von ihren Ängsten und Träumen, von den Folgen zweier Kriege, von zarten Liebesgeschichten, Zwangsheiraten und den Auswirkungen der religiösen und staatlichen Knebelung. Nicolas Bellucci schildert den Alltag im kriegsversehrten Tschetschenien, wo Männer über Jahrzehnte Krieg geführt haben und Frauen unermüdlich die Trümmer beiseite räumen. Normalität ist hier bloss eine dünne Fassade, vor welcher der Präsident Ramsan Kadyrow archaisch-islamische Männlichkeitsbilder pflegt und zugleich nach der Pfeife Moskaus tanzt.
Stimmen
«Grozny Blues» ist ein assoziativ gesponnenes Gewebe, kontrastreich und suggestiv, ein Film ohne Kommentar und Einblender. Kino der vielen Geschichten, die sich zu einem Bild zusammenfügen, das wenig zu tun hat mit den Klischees von den Kalaschnikowterroristen aus dem Kaukasus. Pascal Blum, Tages Anzeiger.