CH-Kino | La forteresse
Zum ersten Mal erhält eine Filmkamera uneingeschränkten Zugang zu einem Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) für Asylsuchende in der Schweiz.
Synopsis: Nach ihrer nicht selten lebensgefährlichen Reise wähnen sich viele Flüchtlinge mit ihrer Ankunft in der Schweiz, dem Land des Roten Kreuzes, am Ziel, in Sicherheit. Nur wenige ahnen, dass ihnen die letzte, entscheidende Prüfung noch bevorsteht: Das neue Schweizer Asylverfahren.
Zum ersten Mal durchdringt in “la forteresse” eine Kamera uneingeschränkt die Mauern eines Schweizer Empfangszentrums für Asylbewerber, wo 200 Männer, Frauen und Kinder zwischen Hoffen und Bangen darauf warten, dass der Staat über ihr Schicksal entscheidet.
Kritik: Was diesen Film so stark macht, ist sein Verdienst den Zuschauer inmitten eines kargen und gleichwohl mit menschlichen Schicksalen gefüllten, hochstrategischen Ortes zu versetzen. Die schlichte Präsentation des Themas öffnet den Blick dafür, wie Intransparenz und Not zur Selektion das Personal mehr schlecht als recht über die Flüchtlingsschicksale entscheiden lässt. Vorgetäuschte Sicherheit oder echtes Mitgefühl machen die Entscheidungsträger ebenso zu Opfern, wie es die abgeschobenen Flüchtlinge sind. Der Film bleibt nicht an einem Einzelfall hängen: Behutsam begleitet die Kamera aus verschiedenen Blickwinkeln und Positionen die unterschiedlichen Etappen des Asylverfahrens, in denen sich Alltag von Personal und Flüchtlingen für bestimmte Zeit verbindet. Erklären tun sich die Protagonisten selbst, weshalb der Verzicht auf Off-Kommentare die Authentizität eines Films unterstreicht, der allein dem Zuschauer überlässt, die einzelnen Situationen und Schicksale zu werten. Dadurch entstehen verschiedene Handlungsstränge, deren Dramatik sich aus der Natur der Sache wie aus der Komposition der Filmteile ergibt. Mit einem menschlichen und ernsthaften Blick auf die kleine Welt von “la forteresse”, bringt Melgar ein heikles Thema der Schweiz gekonnt ans Tageslicht.
Isabel Bures