Kino | L'encerclement
Die Demokratie wird von den Neoliberalen Wirtschaftsmächten eingekreist und immer mehr unter Druck gesetzt; die Bildung infiltriert, die Medien uniformiert: so zeichnet sich ein bedenkliches Bild der heutigen Situation aus den Beiträgen von Systemkritikern und Verteidigern des neoliberalen Gedankengut
Synopsis: In zehn Kapiteln wird der Werdegang des Neoliberalismus und seine Auswirkungen in Wirtschaft und Staat erläutert. Die Konzentration liegt dabei ganz auf den argumentativen Beiträgen zum Thema Neoliberalismus. Neben leidenschaftlichen Systemkritikern, wie Noam Chomsky (Linguistikprofessor), Susan George (Gründerin des ATTAC-Movement), Omar Aktouf (Management Professor), Oncle Bernard (Wirtschaftsprofessor) und Michel Chossudovski (Center of Research on Globalization) u.a. sprechen auch überzeugte Verteidiger der neoliberalen Idee und des resultierenden Wirtschaftssystems, wie Martin Masse (director of libertarian magazine), Jean-Luc Migué (Wirtschaftsprofessor), Filip Palda (Wirtschaftsdozent), und Donald J. Boudreaux (Leitung Fachbereich Wirtschaft, Foundation for Economic Education). Regie & Crew: Der Kanadier Richard Brouillette bietet mit «L’encerclement» einen ungewöhnlichen Dokumentarfilm zum Thema der Globalisierung: intellektuell, schlicht und geistreich.
art-tv-Wertung: Zuerst schreckt es etwas ab: zweieinhalb Stunden theoretische Erläuterungen zum neoliberalen Gedankengut der globalen Wirtschaftsmächte! Doch bald, nach den ersten fünf Minuten ist man ganz gefesselt von der Redegewandtheit der Sprecher und der Aktualität der Thematik. Nein, man hat es hier nicht mit Hinz und Kunz der Lokalpolitik zu tun; da sprechen die Crème de la Crème der Intellektuellen, die sich auch wirklich mit der Problematik auseinandersetzen und nach Möglichkeit agieren. Anständigerweise wird auch den Vertretern des Neoliberalismus Sprechzeit eingeräumt – und deren Sprachgewandtheit ist nicht minder beeindruckend. Doch der Inhalt ist schockierend: so argumentiert Martin Masse für die Privatisierung, es sei doch besser, wenn auch ein Fluss jemandem gehöre, dann könne sich eine Fabrik nicht erlauben, dort ihren Abfall zu deponieren, oder müsse mindestens dafür bezahlen! Die Gegner des Neoliberalismus verlangen nach einer Ethik in der Wirtschaft; ihrer Dienstbarkeit für das Allgemeinwohl; diese, so muss der Zuschauer erschreckt feststellen, hat die heutige Finanzwirtschaft längst links liegen gelassen. Schärfen wir also besser unseren Verstand! Fazit: Der geistreiche Dokumentarfilm «L’encerclement» lädt intellektuelle Grössen ein, sich zum Thema der neoliberalen Wirtschaft unserer globalisierten Welt zu äussern und gewährt so einen tieferen Einblick in die Denkweise der Mächtigen.
Isabel Rohr