Das Luzerner Theater inszeniert Jules Massenets «Manon» und bringt mit ihr eine der schillerndsten Frauenfiguren der westlichen Geschichte auf die Bühne.
Luzerner Theater | Manon
Femme fatale
Manon Lescaut, diese zwischen Kindfrau und Femme fatale changierende Figur, beschäftigt seit 300 Jahren das Abendland. Für die Popularität von Antoine François Prévosts Romanheldin haben auf der Opernbühne gleich vier Komponisten gesorgt: Daniel François Esprit Auber, Giacomo Puccini, Hans Werner Henze und eben Jules Massenet.
Die junge Manon wird von ihrer Familie zur Erziehung ins Kloster geschickt. Auf dem Weg begegnet sie Des Grieux. Sie verlieben sich, wollen gemeinsam nach Paris, wo sie einige Zeit arm, aber glücklich zusammenleben. Unterdessen bietet Brétigny Manon ein Leben in Luxus, wenn sie dafür die Entführung Des Grieuxs zulässt. Manon sagt zu. Als sie jedoch erfährt, dass Des Grieux sich zum Priester weihen lässt, sucht sie ihn und überzeugt ihn vom Gegenteil. Der Vater Des Grieux’ trennt das Paar erneut, bevor sie sich ein letztes Mal auf einer einsamen Strasse wiedersehen.
Lebensentscheidungen zwischen Liebe und Luxus
Štormans Inszenierung setzt den Fokus auf das Liebespaar, Manon und Des Grieux, und deren Gegenspieler Lescaut. Die Luzerner Fassung sucht den Kern der Geschichte – die Lebensentscheidungen zwischen Liebe und Luxus – und präsentiert sie wie auf einem Tablett. Die Bühne ist schwarz, spiegelglatt und glänzend. Darauf ausgestellt sind die Beteiligten, im Zentrum Nicole Chevalier beziehungsweise Magdalena Risberg als Manon.
Die Figur Manon steht am Beginn eines neuen Bewusstseins der – auch sexuellen – Selbstbestimmung der Frau. In ihrem modernen, freien Liebeshandeln lebt Manon stets im Moment und lebt ihre Widersprüche radikal aus. Es ist Liebe auf den ersten Blick mit Des Grieux, und doch schlägt sie Brétignys Angebot, seine Mätresse zu werden, nicht aus. Massenets lotet den Abgrund zwischen der lauten, oberflächlichen Spassgesellschaft und intimen Momenten meisterlich aus. Seine Musik ist elegant, raffiniert, anspielungsreich, wenn er sich historischer Musiksprachen bedient und ungeheuer direkt, schlicht und pur, wenn er die tiefen Widersprüche der Titelfigur nachzeichnet.
Für die Inszenierung zeichnet Hausregisseur Marco Štorman verantwortlich, der in der Spielzeit 16/17 mit «Rigoletto» in der Viscosi und «No Future Forever» zwei Regiearbeiten vorgelegt hat.