Sind es Vandalenakte? Dafür sind sie zu schön – und auch zu klug! Die schwarzen Wörter auf den roten Bänken provozieren und laden dazu ein, sich tiefer einzulassen. «Reisen zwischen Welten» heisst der polyphone Sprachparcours, der Rapperswil-Jona mit der Welt vernetzt.
Rapperswil-Jona | Reisen zwischen Sprachen
- Publiziert am 2. Mai 2017
Rote Bänke dienen als roter Faden
Vor 10 Jahren haben Rapperswil und Jona fusioniert, und seit 50 Jahren setzt sich die Oertli-Stiftung für die Verständigung in der mehrsprachigen Schweiz ein. Ein Kunstprojekt spannt im gemeinsamen Jubiläumsjahr ein semantisches Netz über die beiden Stadtteile und verbindet sie mit der ganzen Welt. «Bei der ersten Stadterkundung sprang uns die visuelle Präsenz der roten Bänke als öffentliche Verweilzonen im städtischen und ländlichen Raum wie ein sprichwörtlich roter Faden ins Auge», erinnern sich die Projektleiter Ruedi Baur (Designer) und Vera Baur (Stadtsoziologin). Diese roten Bänke verbinden vollkommen unterschiedliche Kontexte miteinander: angefangen vom Spielplatz über den Zoo bis hin zur Industriezone oder den verschiedenen Wohnquartieren.
Motiv und Motivation
Diese roten Bänke sind es, die zu ihrem Projektvorschlag führten: Wortfetzen und Sätze in verschiedenen Sprachen, aufgekritzelt auf die roten Bänke, welche einen so einladen zu einer sprachlichen Reise von Bank zu Bank, von Text zu Text, von Quartier zu Quartier. Die Installation beginnt mit den beiden Bänken, die rechts und links neben der Trennwand gegenüber der Touristeninformation am Hafen situiert sind. Die Wand dient somit als Einführung in das Projekt und zeigt zusätzlich den Plan des gesamten Parcours mit seinen textuellen Vernetzungen. Die beiden Ausgangstexte stehen in direktem Bezug zu Rapperswil-Jona und leiten somit die Reise zwischen den Sprachen ein, die sich dann von Bank zu Bank über Annotationen weiterstrickt.
Bänke halten auf und fest
Für die literarische Leitung konnte der renommierte Autor André Vladimir Heiz gewonnen werden. «Bänke halten auf und fest», erklärt Heiz seine sprachlichen Überlegungen, «auf Bänken machen wir Halt: als Fremde, als Ansässige, als Einheimische, als Vorübergehende». Unterschiedlichste Stimmungen würden auf einer Bank manchmal zusammentreffen: Nostalgie und Utopie, Traum und Wirklichkeit. «Die Aussicht kann wegweisende Einsichten begünstigen, im Blick nach innen und aussen». Im Gespräch mit den Menschen vor Ort sowie mit Inspirationen aus der Literatur hat Heiz seit Dezember einen multilingualen Textkorpus erstellt, welcher anschliessend von einem Team internationaler Kalligraphen in Handarbeit aufgetragen wurde.