Zuerst sind es nur Schwarzweissfotos, die zeigen, was für textile «Kirchenschätze» Erna Schillig (1900 bis 1993) an der Kunstgewerbeschule Luzern entwarf. Die Originale aus den 1950er- und 1960er-Jahren zu finden, ist eine Herausforderung. Parallel zur Suche nach den hochwertigen Gewändern, auch Paramente genannt, fertigt die Künstlerin Flavia Jäggi rund 60 Jahre später eine moderne, freche, zukunftsweisende Version an und sorgt für Furore.
Die verschollenen Gewänder
Versteckt in Kirchenschätzen lagern geistliche Textilien der Urner Künstlerin Erna Schillig. Nach ihrem Vorbild entsteht ein modernes «ParaWoment».
Provokatives Priesterinnengewand
Wie würde ein geistliches Gewand aussehen, das die Urner Künstlerin Erna Schillig heute erschaffen würde? Künstlerin und Modedesignerin Flavia Jäggi nimmt ihre Werke zum Vorbild und gestaltet eine Art Altargewand, das provokativ die kirchlichen Traditionen durchbricht, denn es ist bewusst für eine Priesterin und nicht für einen Priester geschaffen.
Schwierige Suche nach den Originalen
Zur gleichen Zeit gestaltet sich die Suche nach den Originalen als Herausforderung. Zwar gibt es in vielen Kirchenschätzen der Schweiz Gewänder oder andere Textilien, die von Erna Schillig und ihren Schülerinnen an der Kunstgewerbeschule Luzern geschaffen wurden, doch meistens sind sie nicht angeschrieben, sodass die Kirchgemeinden nicht wissen, von wem sie stammen. Trotzdem ist es der Projektgruppe um arttv-Chefredaktor Felix Schenker, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Künstlerin wieder zu entdecken, gelungen, schweizweit insgesamt sechs Original-Paramente der Künstlerin aufzustöbern. Allerdings nicht ganz ohne Rückschläge. So meldet ein Kloster, ihr Parament sei von den Motten zerfressen worden.
Hochwertige Farben und Formen
Doch wie ist das sakrale Werk Schilligs einzuordnen? Schwester Bernadette, die im Kloster Fahr Paramenten webt, ordnet die Gewebe von Erna Schillig als «kompliziert» ein. Grafiker Hans Peter Dubacher rühmt die klare Formensprache der Gewänder. Ihm ist es überhaupt zu verdanken, dass die Originalfotos erhalten blieben. Beim Umzug der Kunsthochschule Luzern hatte er diese entdeckt und vor der Vernichtung gerettet. Eine besondere Kennerin der Paramentik ist die Kunsthistorikerin Elisabeth-Feiler Sturm. Sie erklärt, weshalb Erna Schillig in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine hochwertige, aber unprätentiöse Machart wählte.