Wie verwandelt sich Material in Bedeutung? Diese Frage steht im Zentrum des Design-Schwerpunkts der BRAFA 2026 in Brüssel – und die Antworten sind so vielfältig wie überraschend. Zwischen Collectible Design, postminimalistischen Positionen und Mid-Century-Ikonen entfaltet die Messe ein Panorama, das Gestaltung als kulturelle Aussage versteht.
BRAFA 2026 – Design, das Haltung zeigt
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Auf der BRAFA 2026 wird Design zur Bühne für Materialmut, Formradikalität und ikonische Handschriften.
Was gutes Design wirklich kann
Gutes Design beginnt nicht mit einer hübschen Form, sondern mit einer klaren Idee: Was braucht der Mensch? Was braucht die Welt? Erst daraus entstehen Objekte, die nicht nur funktionieren, sondern unseren Alltag intelligenter, leichter und angenehmer machen. Gutes Design ist nicht schön, weil es gefällt – sondern weil es wirkt. Es denkt langfristig, respektiert Ressourcen, erzählt etwas über seine Zeit und bleibt dennoch zeitlos. Man spürt es sofort: Es fühlt sich richtig an. Beispiele dafür sind der elegante Barcelona Chair von Ludwig Mies van der Rohe oder der Eames Lounge Chair, der Komfort und Handwerk perfekt verbindet. Dieter Rams’ Braun-Design zeigt, dass wahre Gestaltung vor allem funktional und zurückhaltend sein muss. Der Panton Chair beweist, wie mutig Materialinnovation sein kann. Und die Savoy-Vase von Alvar Aalto macht sichtbar, dass gutes Design auch weich, organisch und leise sein darf. Diese Ikonen zeigen exemplarisch, was bleibt.
Wenn Show wichtiger wird als Sinn
Schlechtes Design dagegen versucht, mit Aufmerksamkeit das zu übertünchen, was ihm fehlt. Es ist laut, modisch und schnell wieder vergessen. Es kopiert, statt zu fragen, und produziert Dinge, die die Welt nicht braucht – und die ebenso schnell zu Müll werden. Wenn Funktion und Material nicht zusammenfinden, bleibt Design eine hohle Geste. Philippe Starck wird etwa für manche Produkte kritisiert, die zwar spektakulär aussehen, aber wenig taugen – der Zitronenpresser Juicy Salif ist zum Symbol dafür geworden: ein Kultobjekt, das kaum presst. Auch Alessi dient oft als Beispiel für «zu viel Form, zu wenig Nutzen». Billige Kopien berühmter Klassiker opfern Qualität und Idee für reine Optik. Und Gadget-Produkte mit kurzer Lebensdauer zeigen, wie schnell Design seinen Zweck verfehlt, wenn es nur beeindrucken will. Kurz gesagt: Schlechtes Design ist Show – gutes Design ist Haltung. Und wer erleben will, wie sich diese Haltung anfühlt, ist an der BRAFA 2026 wohl am richtigen Ort.
Material als Manifest
Die BRAFA 2026 zeigt eindrucksvoll, wie Materialien zu Haltungen werden. Bei Objects With Narratives hebt Ben Storms Stein, Metall und Glas gewissermassen aus ihrer physischen Schwere und verwandelt sie in schwebende Möbelskulpturen – roh, meditativ, mit einem Hauch Magie. Ganz anders, doch ebenso eindrucksvoll, begegnet man bei Mass Modern Design einem Dialog zwischen brasilianischer Moderne und italienischem Lichtdesign: organische Hölzer, raffinierte Proportionen, sinnliche Strahlkraft. Laurent Schaubroeck wiederum präsentiert Mid-Century-Ikonen mit skulpturaler Präsenz, die Räumen einen unverwechselbaren Charakter verleihen. Und wenn PRON Paris historische und zeitgenössische Positionen spielerisch miteinander in Beziehung setzt, entstehen immer wieder überraschende Funken. Maisonjaune Studio schliesslich verbindet Ingo Maurers legendäre Uchiwa-Leuchten mit neuen Entwürfen und schlägt damit eine glänzende Brücke zwischen Designgeschichte und Gegenwart.
Design als kulturelle Aussage
Dass Design weit über das Ästhetische hinausreicht, demonstriert die Galerie Greta Meert mit Donald Judd: Seine Möbel erscheinen als Fortsetzung seiner minimalistischen Logik – klare Formen, reine Notwendigkeit, keine Ablenkung. Martins&Montero öffnet den Blick für die gesellschaftliche Dimension von Design und zeigt mit Lina Bo Bardis „Cadeira Sertaneja“, wie Handwerk, Haltung und Funktionalität zusammen eine soziale Vision formen können. Dazu unterstreicht eine starke Schweizer Präsenz den internationalen Anspruch: Almine Rech bringt Gegenwartskunst mit Strahlkraft, Repetto Gallery vertieft den Dialog zwischen Kunst und Design mit Arte Povera und Land Art, von Vertes setzt auf modernistische Entwürfe mit kantigem Profil, während De Jonckheere historische Meisterwerke im neuen Licht erscheinen lässt. Und nicht zuletzt steht Objects With Narratives für die Innovationskraft des Schweizer Collectible Design. Die BRAFA 2026 zeigt damit: Design ist nicht Dekoration – es ist Denkweise, Zukunftsentwurf und ein kraftvolles Statement im Raum.