Nach umfassender architektonischer Erneuerung hat das Kunst Museum Winterthur | Reinhart am Stadtgarten im Frühjahr 2025 wieder eröffnet. Das historische Gebäude wurde durch Ayşe Erkmen und Heike Hanada mit skulpturalen Elementen neu gestaltet und ist nun erstmals sowohl von der Stadt- als auch von der Parkseite zugänglich – ein offenes, lichtdurchflutetes Haus, das zu einem sommerlichen Besuch einlädt.
Das Reinhart am Stadtgarten präsentiert sich modern und einladend
Über 300 Werke von Rembrandt bis Hodler laden zum Rundgang durch fünf Jahrhunderte ein – jetzt in neuem Licht und barrierefrei zugänglich.
Die grosszügige Unterstützung der Stadt Winterthur, des Lotteriefonds des Kantons Zürich und der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte ermöglichten den Umbau des Eingangsbereichs und die Modernisierung der Infrastrukturen des Museumsgebäudes. Neben der architektonischen Neugestaltung des Empfangs konnte das Museum endlich barrierefrei gestaltet und um zusätzliche Sammlungsräume erweitert werden.
Neue Architektur für alte Meisterwerke
Anstelle eines klassischen Architekturwettbewerbs wurden Teams von Kunstschaffenden und Architekt:innen eingeladen, den Eingangsbereich des Museums neu zu denken. Den Wettbewerb gewannen die in Berlin lebende Künstlerin Ayşe Erkmen und die Berliner Architektin Heike Hanada. Ihr Siegerprojekt verbindet Innen- und Aussenräume auf beeindruckende Weise: Ein skulpturaler Akzent prägt die Stadtseite, während im Inneren plastische und architektonische Elemente zu einer minimalistischen begehbaren Skulptur verschmelzen. Der Übergang zwischen Museum und Stadtgarten wird dabei als fliessende Bewegung erlebbar.
Meisterwerke im neuen Licht
Dank erneuerter Lichtanlage erstrahlen die Werke der Stiftung Oskar Reinhart und der Stiftung Jakob Briner in neuem Glanz. Über 300 Werke aus fünf Jahrhunderten, von der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts bis zur Schweizer Moderne, laden die Besucher:innen zu einem inspirierenden Rundgang ein. Den historischen Auftakt bildet die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts, vertreten durch Meister wie Rembrandt und Ruisdael. Weiter geht die Reise ins Zeitalter der Aufklärung, das durch gewichtige Arbeiten von Jean-Étienne Liotard, Anton Graff, Angelika Kauffmann und Heinrich Füssli erstklassig vertreten ist. Den Schwerpunkt der Sammlung liegt im 19. Jahrhundert, deren Herzstück die deutsche Frühromantik um Caspar David Friedrich bildet mit seiner Ikone Kreidefelsen auf Rügen. Der Rundgang führt weiter über den Biedermeier um Carl Spitzweg, den Realismus von Wilhelm Leibl und Adolph Menzel zu den Fantasiewelten Arnold Böcklins bis hin zur umfassenden Werkgruppe Ferdinand Hodlers. Den Abschluss bildet die Schweizer Moderne mit Cuno Amiet und Giovanni Giacometti, die dem Expressionismus hierzulande den Weg ebneten. Neu bereichern ausgewählte Leihgaben der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Winterthur die Sammlung und verstärken zentrale Sammlungsschwerpunkte. Zu den neuen Gästen gehören Meisterwerke von Carl Spitzweg, Giovanni Segantini, Albert Anker und Ferdinand Hodler.
Miniaturenausstellung: Pierre-Louis Bouvier et ses amis
Die wichtige Miniaturensammlung mit rund 1’000 Werken erhält mehr Platz. Die erste Miniaturenausstellung 2025 wird in einem eigenen Raum präsentiert und ist dem Genfer Maler Pierre-Louis Bouvier (1765–1836) gewidmet. Seine meisterhaften Bildnisse – Miniaturen in Aquarell und Gouache auf Elfenbein, Ölgemälde und Druckgraphiken – entstanden im Spannungsfeld der revolutionären Ereignisse im ausklingenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Die erste Einzelausstellung dieses Künstlers zeigt sowohl gross- als auch kleinformatige Werke aus allen Schaffensphasen. Das Miniaturenkonvolut aus der Sammlung wird ergänzt durch Leihgaben aus Westschweizer Musemsbeständen und Schweizer Privatsammlungen. Dabei wird das Werk Bouviers in die hiesigen Bestände seiner Freunde François Ferrière, Firmin Massot, Wolfgang-Adam Töpffer und Jacques-Laurent Agasse eingebettet. Diese Kontextualisierung ermöglicht es, einen direkten Vergleich anzustellen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Bildsprache zu erkennen.
Koenraad Dedobbeleer: Interventionen im Dialog
Ein besonderes Highlight der Wiedereröffnung sind die Interventionen des belgischen Künstlers Koenraad Dedobbeleer. Seine Werke, die bereits 2019 in einer grossen Ausstellung im Kunst Museum Winterthur gezeigt wurden, ermöglichen durch subtile Andeutungen und ironische Kommentare einen spannenden Dialog mit der Sammlung. Dedobbeleer setzt mit seinen Leuchtkörpern im Eingangsbereich spielerische Kontraste zur klaren Architektur und thematisiert das Licht als zentrale Grundlage der Wahrnehmung von Kunst.
(Textgrundlage: Kunst Museum Winterthur)