Die Ausstellung «Anni Albers. Constructing Textiles» präsentiert Werke aus allen Schaffensperioden der Künstlerin Anni Albers (1899–1994), mit Fokus auf ihre architektonischen Interventionen. Als Schülerin Paul Klees gewinnt diese erste Einzelausstellung in der Schweiz besondere Bedeutung. Sie zeigt die Verbindung von Kunst, Textil und Architektur sowie von Bauen und Weben in Albers’ Werk.
Anni Albers – Pionierin der Textilkunst
- Publiziert am 20. Oktober 2025
Das Zentrum Paul Klee ehrt eine der bedeutendsten Künstler:innen und Designer:innen des 20. Jahrhunderts.
Vom Bauhaus in die USA
An Thanksgiving 1933 trafen Anni und Josef Albers im Hafen von New York ein. Das Ziel ihrer Reise war das neu gegründete Black Mountain College in North Carolina, an dem Josef Albers auf Einladung des Architekten Philip Johnson einen Kurs für bildnerische Gestaltung aufbauen sollte. Sowohl Anni als auch Josef Albers hatten sich bereits einen Namen am Bauhaus in Deutschland gemacht, das Monate zuvor auf Druck der Nationalsozialisten schliessen musste.
Die Sprache der Fäden
Bald nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten unternahmen Anni und Josef Albers mehrere Reisen nach Mexiko und besuchten später auch Chile und Peru. Albers hatte sich bereits im «Völkerkundemuseum» – heute dem ethnologischen Museum – in Berlin für präkolumbische Textilien und Artefakte begeistert. Im Zuge ihrer Reisen war sie aufs Neue fasziniert von der Vielzahl der Muster, Techniken und Farben der mesoamerikanischen und andinen Weber:innen und Keramiker:innen. Inspiriert von ihren Erfahrungen entstand 1936 Ancient Writing, eine ihrer ersten «Bildwebereien» oder rein künstlerischen Werke. In Peru begegnete Albers dem Khipu, einem komplexen Instrument aus geknotetem Kamelhaar- oder Baumwollfäden, das in den Anden zum Zählen, Aufzeichnen von Daten und zur Kommunikation verwendet wurde. Die kleinformatige Bildweberei Code (1962) beispielsweise nimmt mit ihren unregelmässig platzierten Knoten Bezug auf diese verschlüsselte Sprache. Die zusätzlich eingewebten Schussfäden, die sich über die Arbeit ziehen, erinnern an geschriebene Zeilen – und sprechen zu den Betrachtenden in der Sprache der Fäden. Nach 1963 lotete Albers die Grenzen von Schrift, Knoten und Faden in Arbeiten auf Papier weiter aus.
Paul Klee als Lehrer
Annelise Else Frieda Fleischmann war im Winter 1922 nach einem einjährigen Vorkurs in die Webereiwerkstatt am Bauhaus in Weimar eingetreten. Nachdem sie 1925 den Bauhaus- Künstler Josef Albers geheiratet hatte, verkürzte und modernisierte sie ihren Namen zu Anni Albers. Die theoretischen Grundlagen für ihr Schaffen vermittelte unter anderem Paul Klee, der ab 1927 Gestaltungslehre in der Webereiklasse unterrichtete und für den Albers ihr Leben lang grosse Bewunderung hegte. Ohne formelle Anleitung am Webstuhl waren die jungen Bauhäuslerinnen auf sich allein gestellt. Sie experimentierten und studierten an den Webstühlen und bemächtigten sich des Materials. Das Experimentieren, das ganz am Anfang ihrer Karriere stand, sollte Albers ein Leben lang begleiten und zu einem besonderen Merkmal ihrer Werke werden.
Textilien als «mitwirkende Gedanken»
Anni Albers war 1949 die erste Textildesignerin, der eine Einzelausstellung im Museum of Modern Art in New York gewidmet wurde. Für die Ausstellung Anni Albers Textiles, die in 26 Museen in den Vereinigten Staaten zu sehen war, entwarf sie eine neue Reihe von Textilprototypen, bemerkenswert darunter insbesondere die freihängenden Raumteiler aus Zellophan und synthetischen Materialien in Kombination mit natürlichen Materialien wie Jutefasern und Holz. Diese Raumteiler fungierten als leichtgewichtige Designalternativen zu festen, unbeweglichen Wänden. Im Zentrum Paul Klee werden einige von Albers Textilien ebenfalls als raumstrukturierende Elemente eingesetzt und nehmen damit – ganz im Sinne Anni Albers – den «Platz eines mitwirkenden Gedankens» in der Architektur ein.
(Textgrundlage: Pressestelle Zentrum Paul Klee)