Los geht es im Dezember mit Ang Lee, der dieses Jahr seinen 70. Geburtstag feiern konnte. Zwischen Taiwan und den USA, sensibel und ohne laute Töne, erkundet er immer neue Genres und neue technische Möglichkeiten und steht für Welterfolge wie THE WEDDING BANQUET, SENSE AND SENSIBILITY, EAT DRINK MAN WOMAN, THE ICE STORM oder das wunderbare schwule Cowboyepos BROKEBACK MOUNTAIN. Filmwissenschaflter Oswald Iten zum Werk von Ang Lee …
Was haben Ang Lee und Lars Eidinger gemeinsam?
- Publiziert am 19. November 2024
Beide sind Teil von Retrospektiven im Zürcher Kino Xenix und stehen für aussergewöhnlich gutes Kino.
«Es gehört zu Ang Lees Stärken, dass er grundlegende Widersprüche oft nur scheinbar oder gar nicht auflöst. Auch darum lohnt sich eine kompakte Neubetrachtung seines Werks.» – Oswald Iten
Die Filme der Ang Lee Retrospektive im Xenix
THE WEDDING BANQUET (XI YAN)
Ang Lee, Taiwan/USA 1993; 104’ OV•E/df (35 mm, Farbe) Mit Winston Chao,
Mitchell Lichtenstein, May Chin, Gua Ah-leh, Lung Si-hung, Dion Birney
Eine Scheinehe ist für Wai-Tung die beste Lösung, um seinen Freund vor den taiwanesischen Eltern zu verheimlichen. Ang Lees zweiter Spielfilm ist eine feinfühlige Komödie, in der Kulturen und Vorurteile sich spielerisch konfrontieren.
PUSHING HANDS (TUI SHOU)
Ang Lee, Taiwan/USA 1991; 105’ E•OV/d (Digital HD, Farbe) Mit Lung Si-hung, Wang Lai,
Wang Bo-zhao, Deb Snyder, Lee Haan, Emily Liu
In Ang Lees sympathischem Debüt zieht der verwitwete Tai-Chi-Meister Mr.Chu nach New York zu seinem Sohn und bringt damit Chaos in das geregelte Familienleben.
LUST, CAUTION (SE, JIE)
Ang Lee, USA/Taiwan/Hongkong 2007; 157’ OV/df (35 mm, Farbe) Mit Tony Leung Chiu-wai,
Wei Tang, Joan Chen, Wang Leehom, Chu Chih-ying, Kao Ying-hsien, Ko Yu-luen
Mit Tony Leung in einer untypischen Rolle inszeniert Ang Lee einen erotischen Agent:innenthriller, der mit sorgfältig komponierten Bildern und einem hypnotischen Score glänzt.
RIDE WITH THE DEVIL – DIRECTOR’S CUT
Ang Lee, USA 1999; 148’ E/e (Digital HD, Farbe, Scope) Mit Tobey Maguire, Skeet Ulrich, Jewel, Jeffrey Wright, Simon Baker, Jonathan Rhys Meyers, Tom Wilkinson
Ang Lees epischer und bildgewaltiger Western bricht mit den Genrekonventionen und reflektiert den amerikanischen Bürgerkrieg aus einer unerwarteten Perspektive.
TAKING WOODSTOCK
Ang Lee, USA 2009; 120’ E/df (35mm, Farbe) Mit Dan Fogler, Demetri Martin, Kelli Garner,
Eugene Levy, Imelda Staunton, Paul Dano, Emile Hirsch, Jeffrey Dean Morgan, Liev Schreiber
Die Kleinstadt Bethel erlebt ihr blaues Wunder, als auf den Kuhweiden eine Gruppe geschäftstüchtiger Hippies das grösste Musikfestival aller Zeiten organisiert. Eine augenzwinkernde Hommage an Woodstock und sein Vermächtnis.
EAT DRINK MAN WOMAN (YIN SHI NAN NU)
Ang Lee, Taiwan/USA 1994; 124’ OV/df (35mm, Farbe) Mit Lung Si-hung, Yang Kuei-mei, Wu Chien-lien, Wang Yu-wen, Winston Chao Wen-hsuan, Gua Ah-leh, Chen Chao-jung, Lester Chit-man Chan
Der oscarnominierte Abschluss der «Father Knows Best»-Trilogie ist eine sinnliche Liebeserklärung an die chinesische Küche. Inmitten der opulenten Mahlzeiten erzählt Ang Lee eine bewegende und humorvolle Familiengeschichte.
CROUCH_ING TIGER, HIDDEN DRAGON (WO HU CANG LONG)
Ang Lee, Hongkong/Taiwan/USA 2000; 120’ OV/df (35 mm, Farbe, Scope) Mit Michelle Yeoh,
Chow Yun-fat, Zhang Ziyi, Chang Chen, Cheng Pei-pei, Li Fa-zeng
Grandios übersteigerte akrobatische Kampfchoreografien verbinden sich mit zwei raffiniert verschachtelten Liebesgeschichten zu einem einzigartigen Kinofest. Vier Oscars erhielt Ang Lees Film, der eine neue Welle von Wuxia-Filmen auslöste.
SENSE AND SENSIBILITY
Ang Lee, USA/Grossbritannien 1995; 136’ E/df (35 mm, Farbe) Mit Emma Thompson,
Kate Winslet, Hugh Grant, Alan Rickman, Imelda Staunton, Tom Wilkinson, Hugh Laurie
Dank Emma Thompsons Drehbuch und Ang Lees Regie gilt SENSE AND SENSIBILITY für viele als beste Jane-Austen-Adaption. Neben Thompson glänzen in weiteren Rollen Kate Winslet, Hugh Grant und Alan Rickman.
LIFE OF PI
Ang Lee, USA/Grossbritannien/Taiwan 2012; 127’ E•OV/df (Digital HD, Farbe, 3D)
Mit Suraj Sharma, Irrfan Khan, Adil Hussain, Tabu, Rafe Spall, Vibish Sivakumar, Ayush Tandon, Gautam Belur, Shravanthi Sainath
Der schiffbrüchige Pi Patel muss sich sein Rettungsboot mit einem Tiger teilen. Wieder glänzt Ang Lee mit der sensiblen Adaption eines Romanerfolgs und liefert dazu einen der besten 3D-Filme.
BILLY LYNN’S LONG HALFTIME WALK
Ang Lee, U_SA/Grossbritannien/China 2016; 113’ E (DCP, Farbe, 3D, 60HFR) Mit Joe Alwyn, Garrett Hedlund, Kristen Stewart, Arturo Castro, Mason Lee, Brian «Astro» Bradley, Beau Knapp, Ismael Cruz Cordova, Barney Harris, Vin Diesel
Mit revolutionärer Technik inszeniert Ang Lee eine böse und bewegende Persiflage auf den Irakkrieg. Für diesen Film dissoziiert das Xenix extra ins Kino Frame und zeigt den Film in 3D und mit 60 Bildern pro Sekunde – ein besonderes Kinoerlebnis!
BROKEBACK MOUNTAIN
Ang Lee, USA/Kanada 2005; 134’ E/df (35mm, Farbe) Mit Heath Ledger, Jake Gyllenhaal, Michelle Williams, Anne Hathaway, Randy Quaid, Graham Beckel, Valerie Planche, David Harbour
Tabubruch im Wilden Westen, 1963. Ang Lees meisterhaft inszenierter Film über zwei verliebte Cowboys ist so traurig und so schön, dass einem das Herz eng wird.
THE ICE STORM
Ang Lee, USA 1997; 112’ E/df (35mm, Farbe) Mit Joan Allen, Kevin Kline, Sigourney Weaver, Elijah Wood, Henry Czerny, Tobey Maguire, Christina Ricci
Ang Lees bestechend fotografierter Ensemblefilm wirft einen genauen Blick auf die Mentalität der amerikanischen Mittelklasse zu Beginn der 1970er-Jahre.
Zwischen Taiwan und den USA
von Oswald Iten
In der Gegenwart ihres taiwanesischen Schwiegervaters gelingt es der jungen Martha (Deb Snyder) nicht, an ihrem Roman zu arbeiten. Mangels Englischkenntnissen ist der ehemalige Tai-Chi-Meister Mr.Chu (Lung Si-hung) in den USA zur Untätigkeit verdammt. Da Martha wiederum kein Mandarin spricht, gerät ihr überarbeiteter Ehemann buchstäblich zwischen die Kulturen. So weit folgt Ang Lees Erstling PUSHING HANDS (1991) den üblichen Pfaden einer «Fish out of water»-Handlung. Doch dann nimmt die mit bescheidenen Mitteln umgesetzte Geschichte eine unerwartete Abzweigung, die uns den Tai-Chi-Meister von einer anderen Seite zeigt.
Wenn man zudem weiss, dass der damals 37-jährige Filmemacher in PUSHING HANDS nicht nur sein schwieriges Verhältnis zum Vater, sondern auch seine Zeit als Hausmann verarbeitet hat, sehen wir den Film nochmals mit anderen Augen. Eigentlich kam Lee in die USA, um Schauspieler zu werden. Nach dem Abschluss eines Regiestudiums versuchte er jedoch vergebens, ein eigenes Projekt zu realisieren. Die sechsjährige Durststrecke überstand er dank seiner Ehefrau Jane Lin, die – neben ihrer Doktorarbeit – das Geld nach Hause brachte. PUSHING HANDS konnte Lee nur drehen, weil er 1990 einen taiwanesischen Drehbuchwettbewerb gewonnen hatte. Nachdem der Film in Taiwan zu einem Überraschungserfolg geworden war, legte Lee mit THE WEDDING BANQUET (1993) nach. Dass die Culture-Clash-Geschichte über die Scheinehe eines queeren Geschäftsmannes für internationales Aufsehen sorgte, ist massgeblich dem Produzenten James Schamus zu verdanken, der bis 2009 an allen Filmen Lees mitarbeitete. Über seine Produktionsfirma Good Machine (später Focus Features) stellte er die Finanzierung. Als Co-Autor verlieh er den New Yorker Figuren in THE WEDDING BANQUET klarere Konturen und deutete die ursprünglich tragische Geschichte zur Komödie um. In EAT DRINK MAN WOMAN (1994), dem dritten Teil dieser «Father Knows Best»-Trilogie, spielt wiederum Lung Si-hung die zentrale Vaterfigur. Als ehemaliger Küchenchef bereitet er in der Titelsequenz ein Festmahl für seine Töchter zu. Während uns die Bilder jedoch geschmackliche Höhenflüge vorgaukeln, stellt sich heraus, dass das Essen nach gar nichts schmeckt. So bringt Lee vermeintliche Gewissheiten ins Wanken und deutet an, dass wir auch andere Annahmen hie und da revidieren müssen. Die Auseinandersetzung mit Vaterfiguren wird sich hingegen durch sein Gesamtwerk ziehen.
Der Blick von aussen
Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass Ang Lee als Nächstes Jane Austens SENSE AND SENSIBILITY (1995) verfilmte. Von den Liebessorgen des Küchenchefs und seiner drei Töchter ist es aber kein grosser Sprung zu den drei britischen Schwestern und ihrer verwitweten Mutter. Als die Drehbuchautorin Emma Thompson zudem entdeckte, dass in beiden Geschichten der Satz «What do you know of my heart?» fällt, war sie überzeugt, in Lee den geeigneten Regisseur gefunden zu haben. Dieser lernte nicht nur eine ihm unbekannte Welt kennen, sondern auch, dass die Schauspieler:innen in England mit der Regie diskutieren, anstatt blind ihren Anweisungen zu folgen.
Zurück in den USA, adaptierten Schamus und Lee den Bestseller THE ICE STORM (1997), der die gesellschaftlichen Umbrüche Mitte der Siebzigerjahre anhand einer Mittelklasse-Community in Connecticut untersucht. Mit dieser fragmentierten Nachbarschaftsgeschichte verwirklichte der Regisseur seine Vorstellung einer «kubistischen Erzählung», die im Ansatz schon in EAT DRINK MAN WOMAN angelegt ist. Anstelle einer geradlinigen Handlung füh- ren parallel verlaufende Vignetten aus der Sicht verschiedener Figuren zu einem schillernden Sittengemälde. Diese Herangehensweise spiegelte sich auch hinter der Kamera: Die amerikanische Crew sorgte für authentische Details, der kanadische Komponist Mychael Danna für die entrückte Atmosphäre, und der Regisseur brachte die sezierende Aussenperspektive ein. Das Resultat ist vergnüglich, beklemmend und unerwartet lyrisch.
Diese beiden Literaturadaptionen wecken den Eindruck, Ang Lee habe damals aus einem unerschöpflichen Fundus von Jungstars schöpfen können. Doch Schauspieler:innen wie Kate Winslet oder Elijah Wood wurden erst dank oder nach diesen Filmen zu «household names». Und der introvertierte Tobey Maguire philosophiert in THE ICE STORM über Marvel-Comics, fünf Jahre bevor er selbst zum Spider-Man wurde.
Revisionistische Western
In RIDE WITH THE DEVIL (1999) stolpert Maguire, wiederum als unbeholfener Teenager, durch die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs. Mit der Reduktion auf lokale Fehden zwischen Nachbarn beleuchtet James Schamus’ Drehbuch die komplexen Loyalitäten im Bürgerkrieg. Die Sprengkraft dieses unaufgeregt inszenierten Western liegt denn auch weniger in den erwartbaren Gewaltdarstellungen als in der Erzählperspektive. Wir folgen hier nämlich einer losen Horde von Bushwhacker-Guerillas, in deren Reihen absurderweise der befreite Sklave Daniel Holt (Jeffrey Wright) mitkämpft. Während sich diese Südstaatler in umständlichen Sätzen ausdrücken, sind die jungen Männer im Zentrum von BROKEBACK MOUNTAIN (2005) geradezu einsilbig. Einerseits fehlt ihnen das Vokabular, um über ihre queere Beziehung zu sprechen. Anderseits könnte in diesem repressiven Umfeld jedes falsche Wort in die Katastrophe führen. So entlädt sich die gegenseitige Zuneigung oft in archaisch anmutender Körperlichkeit. Zwischen ausdrucksstarken Nahaufnahmen und Panoramen verhangener Berge vermittelt Lee die Beziehungsdynamik gern anhand der Platzierung beider Partner innerhalb einer Bildkomposition.
Subversion des Genrekinos
Lee hat seine Filme von Anfang an für ein multikulturelles Publikum konzipiert. Deswegen wurde ihm in Asien bisweilen fehlende Authentizität vorgeworfen. Beim bahnbrechenden Martial-Arts-Drama CROUCHING TIGER, HIDDEN DRAGON (2000) waren nicht etwa die offenkundigen Parallelen zum amerikanischen Western das Problem, sondern die dramaturgischen Konzessionen an westliche Erzählmuster. Ähnlich wie sich Schamus und Lee bei EAT DRINK MAN WOMAN an der Screwball-Comedy orientiert hatten, folgten sie bei CROUCHING TIGER, HIDDEN DRAGON der klassischen Dreiaktstruktur, anstatt wie im Wuxia-Genre üblich mit einer Actionsequenz zu beginnen.
Dafür sind wir emotional bereits bei den Figuren, wenn die von Yuen Wooping choreografierten Schwertkämpfe einsetzen. Hier spielt Lee geschickt mit den Codes: Während das anspielungsreiche Kräftemessen zwischen Michelle Yeoh und Zhang Ziyi von chinesisch anmutendem Trommeln untermalt wird, fährt die Musik bei Kämpfen um Leben und Tod das westliche Orchester hoch. Vor allem die Dialoge sorgten in China für Stirnrunzeln. Da die Hauptdarsteller:innen aus sehr unterschiedlichen Sprachregionen stammen, war ihr Mandarin teilweise derart holprig, dass der Film für den chinesischen Markt nachsynchronisiert wurde.
IN LUST, CAUTION (2007) sind die sprachlichen Feinheiten hingegen von zentraler Bedeutung. Der atmosphärisch dichte Film noir handelt nämlich vom Widerstand gegen japanfreundliche Kollaborateure in Schanghai und Hong- kong zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Wie immer hält Lee die Spannung auch damit aufrecht, dass die Figuren nicht nur Geheimnisse voreinander, sondern auch vor dem Publikum haben. Analog zu diesem Spiel um Schein und Sein lässt die elegante Hollywoodästhetik kaum erahnen, was für Abgründe sich in teils drastischen Sexszenen auftun.
Dazwischen und mittendrin
Ob geheime Briefe, SMS oder Kalligrafie, in jedem Film sehen wir Figuren schreiben oder lesen. Immer wieder schwärmen junge Männer für Dostojewski, so auch in LIFE OF PI (2012), einer Ode ans Geschichtenerzählen, verfilmt in immersivem 3D. Bisweilen stellt Lee den stereoskopischen Effekt geradezu aus, indem er Objekte und Figuren ungewohnt nahe an unser Gesicht treten lässt. Einmal wechselt er gar das Bildformat, damit die animierten Fische noch weiter aus der Leinwand herausspringen können. Noch extremer zeigt sich die hyperreale Unmittelbarkeit in BILLY LYNN’S LONG HALFTIME WALK (2016), den Ang Lee in 3D und mit 120 statt der üblichen 24 Bilder pro Sekunde gedreht hat. Demgegenüber vermittelt LIFE OF PI bei aller Künstlichkeit des texturlosen Digitalbilds das nostalgische Gefühl, man habe etwas Episches erlebt. Grosse Teile dieser transnationalen Produktion drehte Lee übrigens in Taichung. Die Multikulturalität mag in LIFE OF PI besonders auffallen, die Auswirkungen der Globalisierung ziehen sich jedoch durch Lees Gesamtwerk. Nach eigenen Angaben steht auch der Regisseur noch immer zwischen den Kulturen. Einerseits fühlte er sich als Kind von chinesischen Einwander:innen in Taiwan nicht richtig zu Hause. Anderseits hat er nie die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragt. Wegen seiner amerikanisch geprägten Filmsprache wurde Lee lange nicht zum «New Taiwanese Cinema» gezählt. Inhaltlich und formal bewegen sich seine Filme meist an der Grenze zwischen Arthouse- und Mainstreamkino.
Gerade bei Themen, die in der amerikanischen Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, arbeitet Lee das Verbindende oder – wie er es selbst for- mulierte den «universellen Subtext» heraus. Der politische Kontext bleibt dabei meist aussen vor. Viele Figuren scheinen ohnehin keine Vorstellung von den Konsequenzen ihres Handelns zu haben. Sowohl der junge Bushwhacker in RIDE WITH THE DEVIL als auch der Soldat Billy Lynn (Joe Alwyn) entziehen sich ihrer Verantwortung mit der lapidaren Feststellung: «It ain’t right, and it ain’t wrong, it just is.»
Es gehört zu Ang Lees Stärken, dass er grundlegende Widersprüche oft nur scheinbar oder gar nicht auflöst. Auch darum lohnt sich eine kompakte Neubetrachtung seines Werks. Kann uns ein Bürgerkriegsepos, das jede rückblickende Einordnung vermeidet, etwas über unsere eigene Zeit sagen? Schmälert das Casting von heterosexuellen Schauspielern die Kraft von Brokeback Mountain? Wie beurteilen wir heute jene moralischen Verfeh- lungen und Grauzonen, in denen sich mehrere Figuren verheddern? Gelingt es uns, auch zweifelhaften Figuren mit so viel Empathie entgegenzutreten, wie das Ang Lee tut?