Tell ist ein Einzelgänger, ein Jäger und Familienvater, der die Wirrungen der Politik eigentlich verabscheut und den eigenen Noblen der Talschaft, zu denen er von Gesetzes wegen gehört, misstraut. Dazu hat es auch allen Grund, wie die Ereignisse ihm zeigen werden. Tell misstraut den Mächtigen und jenen, die es werden wollen. Und auf diesem Weg bleibt er im Grunde genommen konsequent. Doch zerren ihn die Umstände in das Auge des Hurrikans. Es beginnt eine Jagd auf ewig.
TELL – JAGD AUF EWIG
Luke Gasser verfilmt den Schweizer Heldenepos neu und besetzt sich gleich selbst in der Hauptrolle.
Synopsis | Tell – Jagd auf Ewig
König Rudolf von Habsburg stirbt im Juli 1291 und hinterlässt die Täler um den Vierwaldstättersee in einem Machtvakuum. Der neue despotische Landvogt namens Gessler zeigt sich als Tyrann. Gedemütigt und beraubt, findet sich Tell inmitten der Politik wieder, in die er sich nicht einmischen wollte. Der geplante Aufruhr durch den örtlichen Adel ist vom Tisch, nachdem dieser von Gessler gekauft wurde. Dies veranlasst Tell, eigenmächtig zu handeln. Im Dezember 1291 endet die Sage mit Blutvergiessen.
Tell – gegen alle Widerstände
Rezension Rolf Breiner
Der Mann mit der Armbrust ist weltweit bekannt – als legendärer Freiheitskämpfer, Schweizer Nationalheld und Marke. Vor über 60 Jahren tauchte er letztmals im Kino auf, von der missratenen Komödie von 2007 (Regie: Mike Eschmann) mal abgesehen. In Zeiten des Kalten Krieges inszenierten Michel Dickoff und Karl Hartl 1960 «Wilhelm Tell» mit Robert Freitag in der Titelrolle. Nun hat der Obwaldner Luke Gasser einen neuen Versuch gewagt – gegen alle Innerschweizer Widerstände.
Gassers Filmtitel «Tell – Jagd auf ewig» deutet es an: Es ist nicht nur die herkömmliche Jagd auf Wild gemeint, sondern der Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit. Man schreibt das Jahr 1291. Der Habsburger König Rudolf stirbt, und in den Talschaften rund um den Vierwaldstättersee herrschen Landvögte. Einer knutet die Bevölkerung von Schwyz und Uri besonders, Landvogt Gissler (Carlo Ljubek), bei Schiller Gessler genannt. Die Fronarbeit, die er den Leuten aufbürdet, ist unmenschlich. Aber die einheimischen Freiherren ducken sich, lassen sich lieber schmieren, um ihre Pfründe sprich den Salzhandel nicht zu gefährden. Der freie Jäger Wilko von Tellen (Luke Gasser) begehrt auf. Die Freiherren der Talschaften treffen sich zu einer konspirativen Versammlung, um einen Aufstand ins Auge zu fassen. Das endet mit dem sagenhaften Rütli-Schwur («ein einig Volk von Brüdern»). Mehr Schall als Rauch. Denn die Freiherrn wie Attinghausen (Werner Biermeier), Staupbacher/Stauffacher (Marcel Imfeld) oder Walther Vürstand/Walter Fürst (Adrian Furrer) kneifen. Die Lage eskaliert. Gissler und sein rigoroser Bruder Ulrich (Lionel Podarski) treiben es auf die Spitze, lassen einen Hut aufstellen, den alle zu grüssen haben. Am Gerichtstag bei Altdorf will Tell den selbstgerechten Landvogt Gissler zur Rede stellen, sein Recht als Freier und seine Armbrust einfordern, die Ulrich konfisziert hat. Tell beugt sich nicht und wird von Gissler zum berühmten Apfelschuss gezwungen. Der Rest ist Geschichte…
Wilder Geselle
Luke Gasser hält sich nicht an Schillers «Tell». Er macht ihn nicht zum hehren Helden. Seine Grundlage bildet eher «Das Weisse Buch von Sarnen» (1470), die Chronik des Obwaldner Stadtschreibers Hans Schriber. Gassers Tell ist ein wilder Mann, ein Guerillakämpfer, der die Händel der Freiherren durchschaut und den Landvogt eliminiert. Aber damit ist es nicht getan. Es wird keine Ruhe geben, ein einsamer Wolf, der weiter für die Freiheit kämpft – auf Jagd für ewig. Tells einzige Vertraute im Dunst dieser rauen profit- und machtgierigen Männergesellschaft ist Heiki (Kathrin Kühnel), seine Frau, die eher auf Heilkräfte vertraut denn auf Männerschwüre. Tell fordert Recht und nimmt sich die Freiheit, Unrecht zu bestrafen, und wird weiter gegen Unterdrückung kämpfen.
Gassers Tell-Film vertraut auf Innerschweizer Landschaften, lokale Gegebenheiten, neben einigen Profis auf 100 Laiendarsteller und echte Kulissen. Es wird nicht wie bei anderen Grossproduktionen üblich getrickst (ausser beim Weissen Hirsch), mit echten Schwertern und Armbrust gekämpft. Rund 980 000 Franken betrugen die Produktionskosten, Eigenleistungen inbegriffen, versicherte Gasser. Man hat an Geldern sparen müssen, nicht aber an Eifer, Einsatz und Leidenschaft.
Fazit: Gassers raues «Tell»-Drama ist kein Historienfilm im Sinne einer Geschichtsstunde, er vermengt Action und poetische Momente, mischt Songs (von Luke Gasser) und ist eine Warnung gegen die Hybris der Obrigkeit. Das Ende erinnert an einen Western, wenn der Held auf freier Wildbahn gen Horizont reitet. Luke Gasser hat mit einfachen Mitteln ein spektakuläres Werk geschaffen, das Respekt und ein grosses Publikum verdient. Ein Mythos lebt – rau, ungeschminkt und wild.