Der Staat nennt sie «unvermittelbar» und quartiert sie in einer heruntergekommenen Pension namens ANNELIE ein. Der gleichnamige Film erzählt eine wahre Geschichte über einen realen Ort, an dem 2012 das Unglaubliche geschieht: das Ende einer Realität…
Stadtkino Basel - Landkino | Annelie
Zum Film
Die heruntergekommene Pension ANNELIE ist eine Art Versuchsanordnung, in der eine Handvoll Randexistenzen ihr Zusammenleben zu organisieren haben: einer von Ihnen ist Max (Georg Friedrich), ein ehemaliger Kinderstar, der als Junkie sein Talent nur noch zum Schnorren einsetzt. Da ist einer, den alle nur «Schwede» nennen. Sein schlechtgehender Kiosk ist das soziale Zentrum des ANNELIE-Universums. Für Max gibt es einen zarten Hoffnungsschimmer, als er ein Verhältnis mit der schönen Swingerclub-Besitzerin beginnt. Doch dann stellt die Sache mit der Leiche alles auf den Kopf, und die die Stadt ordnet an, die Pension zu schliessen und das Haus samt Swingerclub abzureissen. Diese Nachricht versetzt die Bewohner in den Ausnahmezustand. Während es Max immer tiefer in den Sog seiner Drogensucht zieht, müssen die restlichen Mitglieder der sonderbaren ANNELIE-Familie – Alkis, Junkies, Kleinkriminelle oder illegale Stadtwildjäger – ein letztes Mal zusammenhalten. Mit der Entschlossenheit jener, die nichts mehr zu verlieren haben, entführen sie eine bekannte Band. In einem fulminanten Finale wird eines klar: Wenn ANNELIE schon untergehen muss, dann sicher nicht leise!
Zur Entstehung des Films
Antej Farac, der Regisseur und Autor des Films, hat jahrelang gegenüber der Pension gewohnt und sich den Hinterhof mit den ANNELIEanern geteilt. In der direkten Nachbarschaft erlebte er alle Höhen und Tiefen, Todesfälle und Schicksale mit. Geschockt vom Ausmass der Armut und fasziniert vom Galgenhumor seiner Nachbarn, war für Farac schnell klar, dass er auf die Verhältnisse aufmerksam machen wollte. Am Anfang bestand der Kontakt darin, dass er immer wieder ausrangierte Sachen, die die Nachbarn gut brauchen konnten, hinüberbrachte. Die Pensionsbewohner schätzten diese Initiative und entschieden endgültig, dass er kein Schnösel sei. Nach und nach machten sie bei seinen Projekten mit, und so entstanden Foto- und Kunstarbeiten, ein Dokumentarfilm über eine transsexuelle Hausbewohnerin und schliesslich der Spielfilm ANNELIE. Heute gibt es die Pension nicht mehr, und die Bewohner wurden in andere «adäquate» Unterkünfte verlegt, so dass man nur noch durch den Film an ANNELIE erinnert wird. Münchens Stadtkern wird seinem Image ein Stück mehr gerecht, und Deutschland begleicht seine immense Überschuldung weiterhin mit noch mehr Schulden. Denn in dem Land, das von den Medien zum Retter in der EU-Krise hochstilisiert wird, darf es keine Armut geben – zumindest nicht mitten in der Hauptstadt des reichsten Bundeslandes.
Stimmen
ANNELIE ist kein Film, der sich nahtlos einreiht in all die braven Schweizer Komödien, tragischen und weniger tragischen Heimatfilme oder klassischen Dokumentarfilme. ANNELIE ist anders. Mutig, sperrig, polarisierend. Er geht einem auf die Nerven oder an die Nieren. Aber kalt lässt er niemanden. Ein radikaler, unzimperlicher Streifen. ANNELIE ist Rock’n’Roll. Ein Film wie ein Kiss-Song. Entweder, man ist gemacht, um ihn zu lieben – oder eben nicht. Bieler Tagblatt | Regisseur Antej Farac arbeitete jahrelang gegenüber und erlebte Schicksalsschläge, Höhen und Tiefen der Nachbarn. Auf seinen Beobachtungen beruht die Doku-Fiction ANNELIE, die ihre Protagonisten nicht vorführt, sondern Sympathie weckt. Ein Blick ins harte Hartz IV-Milieu mit Alkis, Junkies und Kleinkriminellen und einem tragischen und fast märchenhaften Ende. Abendzeitung | Der Film schafft es, den Finger auf diese gesellschaftliche Wunde zu legen. So wie die aufgehende Sonne bringt ANNELIE Licht in die deutschen Hinterhöfe und zeigt die Verhältnisse: wie sie sind.