Marianne Wirth und David Wegmüller | Co-Leitung Solothurner Filmtage
- Publiziert am 17. Januar 2022
«Wir finden vor Ort in Solothurn statt - und organisieren alles mit der grösstmöglichen Vorsicht.»
Als langjährige Mitarbeitende der Solothurner Filmtage mussten sie sich nicht lange in die Materie einarbeiten, um übergangsweise die Leitung der Schweizer Filmschau zu übernehmen. Und doch gibt es Fragen, die man ihnen stellen will. Im Interview äussern sich Marianne Wirth und David Wegmüller zur zweiten Corona-Ausgabe des Festivals, zum Verhältnis der Filmtage zu anderen Schweizer Filmfestivals und sie verraten auch, was es noch zum Abgang der Vorgängerin Antia Hugi zu sagen gibt.
Sie, Marianne Wirth, und Sie, David Wegmüller, amtieren seit Anfang August 2021 als interimistisches künstlerisches Co-Leitungsduo der Solothurner Filmtage. Was bedeutet das konkret?
Marianne Wirth: David Wegmüller und ich sind im Sommer, nach dem Weggang von Anita Hugi, vom Vorstand der Filmtage beauftragt worden, diese jetzt bevorstehende Ausgabe vorzubereiten. Wir sind beide schon seit Jahren für die Filmtage tätig, ich als Mitglied der Auswahlkommission und David vor allem als Verantwortlicher für die Retrospektiven. Die Stelle für eine neue künstlerische Leitungsperson ist nun seit Anfang Januar öffentlich ausgeschrieben, die Bewerbungsfrist läuft noch bis Mitte Februar – offizieller Stellenantritt wird der 1. Juni sein.
Der Weggang von Anita Hugi nach nur zwei Ausgaben der Filmtage ist nach wie vor noch mit zahlreichen Fragen behaftet. Können Sie etwas zu den Gründen des Zerwürfnisses erklären?
David Wegmüller: Nein. Es wurde nun Stillschweigen vereinbart, der Fall ist für uns abgeschlossen, alles Nötige wurde kommuniziert, es gibt dazu nichts Weiteres mehr zu sagen.
Die Solothurner Filmtage 2021 konnten nur online stattfinden und auch für die bevorstehende 57. Ausgabe mussten Sie mit einer gewissen Unsicherheit planen. Das Zurich Film Festival (ZFF) dagegen konnte seit Beginn der Pandemie zwei Mal – weit gehend – uneingeschränkt stattfinden. Das ZFF ist auf Expansionskurs und will künftig dem Schweizer Filmschaffen noch mehr Aufmerksamkeit schenken. Wie leben Sie mit dieser mächtigen Konkurrenz?
D.W. : Die Filmtage finden genau dreieinhalb Monate nach dem ZFF statt und drei Monate bevor Visions du Réel beginnt. Wir stehen in Konkurrenz zu diesen beiden grossen Schweizer Festivals, das ist unbestritten, aber es ist ein gesundes Konkurrenzverhältnis. Und Locarno haben Sie wohl bewusst nicht erwähnt, denn da ist der zeitliche Abstand von rund einem halben Jahr zu den Filmtagen so gross, dass es kaum passiert, dass man sich gegenseitig neue Filme wegschnappen würde.
M.W.: Es gibt im Moment genug Neuproduktionen, unter anderem wegen des ‹Rückstaus› von Filmen wegen der Pandemie. Wir hatten überhaupt keine Probleme für die bevorstehende Ausgabe. 150 lange Filme wurden eingereicht, 78 davon haben wir selektioniert, wir hatten also die Qual der Wahl. Und dann darf man auch nicht ausser Acht lassen: Wir sind nach wie vor eine Werkschau des Schweizer Filmschaffens, wir hängen damit weniger als die anderen grossen Schweizer Festivals davon ab, Premierenfilme präsentieren zu müssen. Und ich denke, dass wir rein von der Geografie her unter den Festivals immer noch eines mit einer speziellen Atmosphäre sind, etwas familiärer als die anderen. Deshalb müssen wir auch keinen Expansionskurs verfolgen.
Am vergangenen 13. Januar haben Sie nun in ihrem Newsletter bekräftigt: Die 57. Solothurner Filmtage finden vor Ort in Solothurn statt! Wie sicher fühlen Sie sich dabei?
D.W.: Wir fühlen uns sicher. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es selbstverständlich nie. Die Frage ob das verantwortungsvoll sei, die Filmtage vor Ort durchzuführen, wird uns in diesen Tagen häufig gestellt, das will ich gar nicht bestreiten. Wir sind aber seit langem in engem Austausch mit den Behörden und diese haben entschieden, dass wir unter den geltenden strengen Schutzbestimmungen – 2G in allen Innenräumen, 2G+ bei den wenigen Steh-Apéros, Absage von sämtlichen ursprünglich vorgesehenen Partys und Konzerten – stattfinden dürfen. Das heisst konkret, wir organisieren alles mit der grösstmöglichen Vorsicht und gleichzeitig haben wir jetzt total viel Vorfreude und Enthusiasmus beim Endspurt der Vorbereitungen.
Wie sieht es bei den Podiumsveranstaltungen aus, diese sind dieses Jahr mindestens so zahlreich wie in der Zeit vor der Pandemie?
M.W.: Die vorgesehenen Podiumsveranstaltungen finden grundsätzlich alle statt, denn das Setting ist hier ein Ähnliches wie bei den Filmvorführungen: Das Publikum sitzt und hört einer Diskussion zu. Eine Unsicherheit besteht bis zuletzt allerdings bei den Veranstaltungen mit Gästen aus dem Ausland, dort hängt es davon ab, wie die Situation sich aktuell in den betreffenden Ländern präsentiert. Wir haben ein paar wenige Gäste aus Deutschland und Frankreich und einen Gast aus den USA. Generell haben wir aber bewusst schon von Anfang an nur wenige Leute aus dem Ausland eingeladen – damit eben wirklich die meisten nach Solothurn kommen werden.
Ein Interview von Geri Krebs