Dieser Bericht einer Mumie ist die dokumentarische Annäherung an einen fiktionalen Text, der wiederum auf einer wahren Gegebenheit basiert. Herzzerreissend, überraschend, aufheiternd und interessant …
Kino | The Sound of Insects - Record of a Mummy
Synopsis: Im Film geht es um einen abgelegenen Waldstrich, an dem die Mumie eines Mannes aufgefunden wird. Die minuziösen Tagebuch-Aufzeichnungen des Toten machen schnell deutlich, dass der Selige im vorhergegangenen Sommer Selbstmord durch Verhungern beging. Eine Annäherung an einen fiktionalen Roman von Shimada Masahiko, der wiederum auf einer wahren Geschichte beruht. Es ist ein filmisches Manifest für das Leben – herausgefordert durch den radikalen Verzicht darauf. Stars: Die Geschichte ist von einem dramatischen wie auch verstörenden Monolog geprägt. Ausser zu Beginn sind keine Schauspieler zu sehen, nur die Natur. Die omnipräsente Rätselhaftigkeit und Spannung ist eindeutig dem Geschick von Regisseur Peter Liechti zu verdanken. Die Klangkünstler, die für die dazugehörige Musik verantwortlich zeichneten, gehören hier ebenfalls erwähnt: Norbert Möslang, Martin Schütz, Jacques Demierre, Paul Lovens, Katsura Yamauchi und Jason Kahn. Regie & Crew: Peter Liechtis Werdegang ähnelt einem Zickzackkurs. Dieser führte ihn vom abgebrochenen Medizinstudium nach Kreta, wo er die Zeit mit Malen und Schreiben verbringt. Kurz danach beginnt er die ersten Filmschritte im Bereich Filmexperimente und -performances. Liechti ist heuer Autor, Regisseur, Produzent und Kameramann. Dieses Jahr wurde er vom Internationalen Filmfestival Rotterdam mit der «Carte Blanche» geehrt.
art-tv-Wertung: Ein solch heikles Thema mit einem ausgeprägten Minimalismus derart faszinierend und spannend hinzukriegen, ist wahrlich hohe Kunst. Die stete Ruhe in Kombination mit teils mystischen Geräuschkulissen und dieser sonoren Stimme fesseln von Beginn an. So alleine der Protagonist auch erscheinen mag, ist er irgendwie doch umzingelt – von Klängen, Geräuschen, Tieren, Pflanzen, Wettereinflüssen, Körperreaktionen. Dies alles drückt dem Film den – positiven – Stempel «Mannigfaltigkeit» auf. Als Zuschauer fühlt man sich selber inmitten des Geschehens, wenn auch diese Szenerie wenigen behagen dürfte. Peter Liechti versucht sich auf das Wesentliche zu beschränken, was überraschenderweise zu total neuen Eindrücken führt. Fazit: Der Essay aka das Drama ist absolut empfehlenswert und sicher nicht alltäglich. Dieses Kunterbunt von Eindrücken betrübt und heitert gleichzeitig auf. Es ist ergreifend und poetisch.
Cyril Schicker