Kino | The Road
Im postapokalyptischen Roadmovie «The Road» begeben sich Vater und Sohn, alle Habseligkeiten in einem Einkaufswagen vor sich her schiebend, auf den mühseligen und gefährlichen Weg durch ein zerstörtes Endzeit-Amerika.
Synopsis: Die Katastrophe ist bereits vorbei – und niemand weiß, was eigentlich geschehen ist. Klar ist nur, dass die wenigen Menschen, die überlebt haben, sich in einer Welt durchschlagen müssen, die geprägt ist von nebeliger Kälte, verlassenen Städten und einer grausamen, unendlichen Traurigkeit. Ein Mann (Viggo Mortensen) und sein Sohn (Kodi Smith-McPhee) versuchen dieser unwirklichen Beklommenheit in Richtung Süden zu entfliehen, wo jenseits des Ozeans noch grünes Land existieren soll. Doch die ständige Angst vor kannibalischen Stämmen, der Hunger und die verschwommene Erinnerung an die Vergangenheit machen den fast hoffnungslosen Überlebenskampf von Tag zu Tag unerträglicher. Stars: Viggo Mortensen («Der Herr der Ringe») kann prinzipiell als verzweifelter, von der alltäglichen Qual gezeichneter Vater überzeugen. Bei den anderen Darstellern wurde zwar bisweilen etwas zu großzügig in der Klischeekiste der Endzeit-Verhaltensweisen gekramt, doch das tut der schauspielerischen Leistung keinen Abbruch. Regie & Crew: Dem in Europa eher unbekannten australischen Regisseur John Hillcoat, der in Australien vor allem durch seinen mit Nick Cave produzierten Western «The Proposal» bekannt wurde, gelingt mit «The Road» eine einfühlsame, unaufdringliche Verfilmung des gleichnamigen Endzeit-Romans von Cormac McCarthy («No Country for Old Men»).
art-tv-Wertung: Es ist die grundsätzliche Frage, die Endzeit-Filme wie «The Road» immer wieder aufwerfen: Wie kann man angesichts einer sich im Untergang befindlichen und von Zerstörung und Verzweiflung geprägten Welt noch Mensch bleiben und richtig handeln? Legitimiert nicht der nackte Kampf ums Überleben die eigene Unmenschlichkeit? Es mag wie ein ausgedientes Klischee klingen und fesselt den Zuschauer trotzdem: Das Kind, das in einer unmoralischen Welt aufwächst, in der die Menschen sich von aufgeklärten Vernunftwesen zu barbarischen, Kinder fressenden Horden entwickelt haben, wird selbst zum Hüter einer vorgesellschaftlichen Moral, die es rein aus der Betrachtung eines anderen menschlichen Wesens gewinnt. Und schließlich den eigenen Vater davon abhalten muss, selbst zum Barbaren zu werden. Eingebettet in die wundervoll umgesetzte Postapokalypse-Kulisse eines untergehenden Amerikas, in dem alles verloren ist und in finsterer Hoffnungslosigkeit zu versinken scheint, eingerahmt von dämmrigen Bildern einer Welt ohne Licht und Wärme, ist das Setting von «The Road» durchaus sehenswert. Fazit: Ein angenehm zurückhaltendes Apokalypse-Drama mit anspruchsvoller Besetzung und düster-deprimierender Stimmung.
Maximilian Haase