Feo Aladag zeigt mit «Die Fremde» einen eindrücklichen Film über Familie, Zwangsheirat, Ehrenmord und Selbstbefreiung.
Kino | Die Fremde
Synopsis: Umay (Sibel Kekilli) ist unglücklich in ihrer arrangierten Ehe, in der der Mann sie schlägt. Sie flieht mit ihrem Sohn Cem (Nizam Schiller) aus der Türkei zurück nach Deutschland und bittet ihre Familie um Hilfe. Doch die Gesetze der türkischen Gemeinschaft verurteilen ihr Vorgehen. Ihre Familie kann sich nicht dagegen behaupten und wird geächtet. Umay flieht erneut und beginnt abseits ihrer Familie ein neues Leben mit ihrem Sohn. Sie findet Arbeit, geht zur Schule und verliebt sich. Innerlich nagt jedoch der Bruch mit der Familie an ihr und sie sucht Versöhnung. Dabei merkt sie nicht, dass es dafür bereits zu spät ist. Stars: Sibel Kekilli («Gegen die Wand» 2004) feiert mit «Die Fremde» ein brilliantes Comeback. Auch überzeugend ist der Kinderdarsteller Nizam Schiller und der Vater Settar Tannögen («Gottesfurcht» 2006). Regie & Crew: Die junge Regisseurin und Drehbuchautorin bringt hier ihren ersten Spielfilm in die Kinos, den sie in der eigens gegründeten Produktionsfirma Independent Artists selbst produziert hat.
art-tv-Wertung: Für viele in Deutschland lebenden Türken ist Zwangsheirat und Ehrenmord nach wie vor ein wichtiges Thema; zumal die Lebensweise in Deutschland doch eine recht andere ist. «Die Fremde» zeigt, wie eine Frau entscheidet, das Spiel nicht weiter mitzuspielen. Sie flieht zurück nach Deutschland, das eigentlich auch ihre Heimat ist. Damit ist jedoch das Problem noch nicht gelöst, denn ihre Familie lebt streng nach alten Traditionen und Gesetzen. Die Frauen haben da wenig zu sagen. Dennoch versucht Umay verzweifelt, ihre Eltern zu überzeugen und für sich zu gewinnen. Sie kämpft jedoch damit gegen die ganze türkische Gemeinschaft. Es ist herzzerreissend mit anzusehen wie Eltern und Geschwister zwischen familiärer Liebe und den Gesetzen der Ehre hin- und hergerissen sind, was sie zu Taten treibt, die sie im Nachhinein höchstwahrscheinlich bereuen; denn auch ein Ehrenmord ist ein Mord! Gefühlsvoll und mitreissend ist der Film inszeniert und mit äusserst starken Schauspielern besetzt; allen voran Sibel Kekilli, deren Spiel den Zuschauer wirklich berührt. Fazit: Feo Aladag bringt mit «Die Fremde» das strittige Thema von Tradition im Widerstreit mit Liebe und Mitgefühl auf sehr menschliche Weise auf die Leinwand.
Isabel Rohr