Gewisse Räume besitzen eine Aura, eine Energie, welche die beschreibbare Sinneswahrnehmung übersteigt. In seinem Dokumentarfilm «Architektur der Unendlichkeit» geht Christoph Schaub diesem Gefühl von Transzendenz nach und erforscht die emotionale Wirkung von Räumen durch die Begegnungen mit den Architekt*innen und Künstler*innen Peter Zumthor, Cristina Iglesias, Jojo Mayer, Alvaro Siza Vieira, Peter Märkli und James Turrell.
Dokumentarfilm | Architektur der Unendlichkeit
Der neue Architekturfilm des Schweizer Regisseurs Christoph Schaub: Eine Reise an Orte, an denen die eigene (Un-)Endlichkeit fühlbar wird.
Zum Film
Nach Erfolgsfilmen wie «Bird’s Nest – Herzog & de Meuron in China» und «Die Reisen des Santiago Calatrava» beweist der Schweizer Regisseur Christoph Schaub erneut sein Können im dokumentarischen Erkunden architektonischer Ausdrucksformen. So rückt Schaub in seinem neuen Film Schnittpunkte zwischen Proportion und Licht ins Zentrum und fühlt mit dem Besuch sakraler Bauten dem Verhältnis von Natur und Existenz nach.
Zum Regisseur
Zum Filmschaffen kam Christoph Schaub während der Zürcher Jugendbewegung in den 1980er Jahren. Erste Filme produziert er im Zürcher Videoladen und zeigt darin die Erfahrungswelt eines politisierten Jungfilmers. Einige Jahre später entdeckte er seine Faszination für Architekturfilme und setzte sich mit Werken namhafter Architekten wie Santiago Calatrava und Oscar Niemeyer auseinander. Sein erster Architekturfilm war «Il girasole». Dem breiten Schweizer Publikum ist Christoph Schaub für Erfolgskomödien wie «Giulias Verschwinden» oder jüngst «Amur senza fin» bekannt. Genau diese Vielseitigkeit wurde 2018 von der Solothurner Filmtage mit einer breiten Retrospektive geehrt.
INTERVIEW
Christoph Schaub, was unterscheidet «Architektur der Unendlichkeit» von Ihren anderen Filmen über Architektur?
Jeder meiner Filme hat einen anderen Fokus. Dieses Mal interessierte mich die emotionale Wirkung von Räumen. Wobei ich den Begriff «Raum» breiter fasste als im rein architektonischen Sinn. Ich bin von sakralen Bauten ausgegangen, weil sie eine starke emotionale Wirkung haben. Das müssen sie auf Grund ihrer Funktion, Bedeutung und der beabsichtigten philosophischen-religiösen Wirkung.
Der Film wird aus der Ich-Perspektive erzählt. Ist es ihr persönlichster Dokumentarfilm?
Es ist mein ‹persönlichster› Film in dem Sinne, als dass die Erzählung von meinen Interessen, Erfahrungen und Gefühlen bestimmt wird. Es war mir jedoch wichtig, gleichzeitig die Erfahrungen und Gefühle vieler Menschen zu reflektieren; der Zugang sollte sowohl universell wie persönlich sein. Die Ebene der ‚Ich’-Erzählung half mir, dieses Gleichgewicht herzustellen.
Nach welchen Kriterien wählten Sie die Protagonisten und Bauwerke aus?
Für mich waren zwei Faktoren wichtig: Einerseits mussten mich die Protagonisten in Bezug auf das, was ich erzählen wollte inspirierien. Anderseits sollten sie zueinander passen. Ich habe mir immer vorgestellt, würden sich die Protagonisten bei gutem Wein und Essen treffen, dann müssten sie sich prächtig unterhalten, sich mögen und sich respektieren – kurz: Sie könnten einen inspirierenden Abend miteinander verbringen.
Hat die Arbeit an diesem Film Sie persönlich verändert?
Verändert ist etwas zu viel gesagt. Aber tatsächlich habe ich gewisse Dinge, auch in Bezug auf meine Person, neu gesehen und verstanden. Während der Arbeit hat sich auch der Fokus gewandelt, weil sich mein Interesse veränderte.
Inwiefern?
Ich entdeckte, dass ich nicht nur einen Film über sakrale Architektur machen, sondern zugleich aus meinem Leben erzählen wollte. Und im Laufe des weiteren Prozesses stand die sakrale Architektur dann sogar immer weniger im Zentrum meines Interesses – die Protagonisten reden im Film nun kaum über ihre Architektur, sondern anhand ihrer Architektur über philosophische Fragen, die für unsere Existenz essentiell sind.
Und was bedeutet für Sie der Titel – «Architektur der Unendlichkeit?
Er steht für eben diesen Prozess, den ich während der Arbeit an meinem Film durchmachte: Während es in der realen, materiellen Welt in einem konkreten Sinn keine «Architektur der Unendlichkeit» gibt, kann der Raum in unserem Inneren als unendlich betrachtet werden.