CLUB ZERO
Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner schaffte es mit ihrem Film in den Offiziellen Wettbewerb von Cannes 2023.
CLUB ZERO befasst sich mit Eltern, die ihre Verantwortung für ihre Kinder an eine Lehrerin delegieren, die dieses Vertrauensverhältnis missbraucht. Sie manipuliert ihre Schützlinge und entfremdet sie von ihren Eltern. Als diese sich entschliessen, ihre Kinder zu retten, ist es bereits zu spät. CLUB ZERO wirft die Frage auf: «Wie können Eltern auf ihre Kinder aufpassen, wenn sie schlichtweg keine Zeit für sie haben?»
CLUB ZERO | Synopsis
Miss Novak kommt an eine Privatschule, wo sie mit einem innovativen Konzept einen Ernährungskurs initiiert, der die Essgewohnheiten auf den Kopf stellt. Ohne dass sie den Verdacht der Lehrer und Eltern weckt, geraten einige Schüler in ihren Bann und werden in den exklusiven Kreis des geheimnisvollen Club Zero aufgenommen.
CLUB ZERO | Stimmen
“Ein Film von grosser Präzision, der viel über unsere Zeit aussagt” – Eric Neuhoff, Le Figaro | “Jessica Hausner entwirft eine faszinierende und klinische Satire auf eine desillusionierte Gesellschaft und die neuen Meister der Kontrolle” – Cyprien Caddeo, L’Humanité | “Es ist ein Wunder, dass ein so verstörender Film auch unterhaltsam sein kann” – Cineuropa | “Ein erschütterndes
Porträt der heutigen Gesellschaft, des Drucks der Meinung anderer, der Lügen, die sich in den Netzwerken verbreiten, und des Radikalismus” – La Vanguardia | “Schlagkräftig, witzig und extravagant … Grandiose Kostüme und Kulissen” – Die Welt | “Eine beissende Gesellschaftssatire” – Der Standard | “So düster und komisch CLUB ZERO auch ist, so ernsthaft spricht er kontroverse Themen an, erforscht die menschliche Psychologie und das Wesen des Glaubens” – London Economics | “Der Film ist wunderschön – wie immer ist Hausners Einsatz von Farben und Kostümen auffällig und aussagekräftig” – Screen | “Wer könnte die satten Farben von Tanja Hausners Kostümen und Beck Rainfords schlichtes, beängstigendes Produktionsdesign nicht lieben?” – Hollywood Reporter h3.
Jessica Hausner, 1972 in Wien geboren, studierte Regie an der Wiener Filmakademie, wo sie für die preisgekrönten Kurzfilme FLORA (1996) und INTER-VIEW (1999) verantwortlich zeichnete. Ihre ersten beiden Spielfilme, LOVELY RITA (2001) und HOTEL (2004), wurden bei den Filmfestspielen von Cannes in der Kategorie Un Certain Regard gezeigt. Im Jahr 2009 wurde LOURDES für den Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig ausgewählt, wo er den FIPRESCI-Preis gewann. AMOUR FOU (2014) wurde in Un Certain Regard gezeigt und LITTLE JOE (2019), der fünfte Spielfilm der Filmemacherin und ihr allererster englischsprachiger Film, wurde in Cannes im Wettbewerb gezeigt, wo Emily Beecham den Preis für die beste Darstellerin gewann. Neben ihren Erfolgen auf Festivals wurden Jessica Hausners Filme in mehr als zwanzig Ländern vertrieben.
Kritik von Ondine Perier
Miss Novak kommt an eine teure, elitäre Highschool, um dort das Prinzip der bewussten Ernähung zu unterrichten. Sie leitet Workshops mit einer Handvoll ausgewählter Schüler, und schon bald spürt man die ungesunden Absichten der jungen Lehrerin. Ihre Schüler verbindet, dass sie sich bewusster ernähren wollen. Ihre Motive sind verschieden und alle berechtigt: Respekt vor der eigenen Gesundheit, dem eigenen Körper, der Umwelt etc. Nur propagiert Miss Novaks Theorie immer resoluter strenge Diät und die Sitzungen gleichen mehr sektiererischen Ritualen als Unterricht. Die Jugendlichen meiden die Gerichte, die bei den Familienmahlzeiten serviert werden, um ihrer Lehrerin zu gehorchen. Ihre Abneigung gegen das Essen wird immer grösser. Die drohende Gefahr wird von der Trommelmusik des Komponisten Markus Binder verdeutlicht.
Ein hoch ästhetischer Film
CLUB ZERO ist ein ästhetisch anspruchsvoller Film. Die Ausstattung von Beck Rainford zeugt von seiner Vorliebe für Schlichtheit und einer Liebe zum Detail: die geradlinige Architektur der Schule, das grosse Büro der Direktorin mit Vintage-Möbeln, die Accessoires der Familieninterieurs – mit einer deutlichen Unterscheidung zwischen den wohlhabenden Familien und der alleinerziehenden Mutter, die Schwierigkeiten hat, das Schulgeld für ihren Sohn zu bezahlen. Die Kostüme verantwortet Tanja Hausner, die die Vorgaben mit Bravour erfüllt: Die weit geschnittenen, unisexen Schuluniformen passen so gut zu den androgynen Figuren der Schülerinnen wie die exzentrischen Accessoires zur Direktorin, die Farbharmonien wirken kühn. Durch die Ästhetik will die Regisseurin ihrem Film etwas Zeitloses verleihen: «Die Kulissen, die Kostüme, die Uniformen – wir wissen nicht genau, in welcher Zeit und an welchem Ort die Geschichte spielt.» Diese Stilisierung von Kulissen und Kostümen verstärkt meiner Meinung nach die Kälte der Inszenierung und die Distanz, die man gegenüber den Figuren empfindet.
Eine Galerie verrückter Charaktere
Mia Wasikowska ist die perfekte Besetzung für Miss Novak, eine furchterregende Lehrerin, die von den Vorteilen ihrer Ideologie überzeugt ist und mit natürlicher Autorität und unerschütterlicher Ruhe unterrichtet. Das Casting hat junge Schauspielerinnen und Schauspieler gefunden, die die leichtgläubigen und beeinflussbaren jungen Menschen mit unheimlicher Ausstrahlung perfekt verkörpern. Die elegante, charismatische Direktorin (Sidse Babette Knudsen) wirkt abwechselnd souverän und unterwürfig und selbst von Miss Novak fasziniert. Die Regisseurin prangert sowohl die Macht an, die Lehrer ausüben können, wie die Verantwortungslosigkeit der resignierenden Eltern, die fast alle von ihren Kindern entfremdet sind. Beeindruckend ist auch die zurückhaltende Darstellung von Elsa Zylberstein, die eine von den Ereignissen überforderte Mutter spielt, die selber magersüchtig und neurotisch ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die österreichische Regisseurin eine zu grosse Distanz zu ihren Figuren einnimmt, die schliesslich dazu führt, dass sie uns alle fremd bleiben. Die Atmosphäre ist durchgehend frostig. Das Fehlen von Emotionen verhindert jeden Versuch, sich dieser Dystopie anzunähern.