Zum ersten Mal präsentiert das ALPS die Originaltagebücher und Filmaufnahmen aus dem Nachlass von Erhard Loretan der Öffentlichkeit. Loretan verunglückte 2011 bei einer vergleichsweise einfacheren Tour am Gross Grünhorn. Nach seinem Tod schenkte die Familie Loretan 2014 den alpinistischen Nachlass dem ALPS, wo er seit 2022 kontinuierlich erschlossen wird.
Was vom Leben eines Ausnahmebergsteigers bleibt
- Publiziert am 7. Juni 2024
Einblicke in das Leben und die Leistungen von Erhard Loretan, der für seine Leidenschaft – das Bergsteigen – gelebt hat.
Das ALPS konnte die Ausstellung und die Erschliessung von Loretans Nachlass dank eines grosszügigen Legats von René Laube und Alice Laube-Minder realisieren. Der Nachlass umfasst rund 30.000 Diapositive, 80 Stunden Filmaufnahmen, 70 Stunden Diktafon-Aufzeichnungen, 45 Tagebücher, zahlreiche Dokumente wie Packlisten, Bewilligungen oder Sponsorenanfragen für seine Touren und Expeditionen. Zudem rund 150 Objekte seiner Bergsteigerausrüstung. Die Erschliessung dieser Sammlung wird fortgesetzt, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Am Limit
Die Ausstellung «Am Limit» führt das Publikum durch verschiedene Stationen, ganz im Sinne einer Expedition: «Auf dem Weg», «im Zelt», «in der Wand» und «zu Hause». Hier kommt Loretan durch seine zahlreichen Fotografien, seine Tagebucheinträge, Filmaufnahmen und Audioaufnahmen selbst zu Wort. Das Material gewährt Einblick in die Leistungen und die Denkweise des Ausnahmebergsteigers. Neben seinen Erfolgen beleuchtet die Ausstellung auch persönliche Herausforderungen und Misserfolge: Momente des Zweifels und die Auseinandersetzung mit dem Scheitern. «Am Limit» schafft Bezüge zwischen den extremen Herausforderungen am Berg und aktuellen gesellschaftlichen Themen, indem die Ausstellung nach den Möglichkeiten und Grenzen unserer Leistungsbereitschaft fragt und die Herausforderungen von Extremsportarten reflektiert.
Materialschlacht und 80er-Looks
In der Ästhetik der 80er- und 90er-Jahre gehalten, zeigt die Ausstellung grossformatige Fotografien, bunte Expeditionsanzüge und ikonische Stirnbänder, die Loretan auf seinen Expeditionen mit dabei hatte. Im Expeditionszelt hören Besucher:innen auf dem «Walkman» Loretans Mixtapes mit Hits der damaligen Zeit, die ihm die Wartezeiten im Basislager verkürzten. An der interaktiven Gipfelstation ist das Publikum auf Loretans Expeditionen mit dabei. Zur Auswahl stehen die bedeutendsten Routen Loretans. Ob extreme Wetterbedingungen, brenzlige Situationen unterwegs oder Momente des puren Gipfelglücks – das Publikum ist dank Fotos und Geschichten bei den physischen und mentalen Kraftakte nah dran.
Loretans einzigartiger Stil im Himalaya
Loretan ist einer der bedeutendsten Bergsteiger seiner Zeit. Für viele nachfolgende Generationen ist er auch heute ein Vorbild. Er exportierte seinen einzigartigen Stil von den Alpen in den Himalaya: Er war schnell, leicht und effizient unterwegs, um die Zeit in der Todeszone über 7.000 Meter über Meer zu minimieren. Dabei wählte er auch unkonventionelle Methoden, wie das Hinunterrutschen auf dem Hinterteil am Everest, um Zeit einzusparen.
Öffentliche Wahrnehmung
Erhard Loretan war nach der Besteigung seines letzten Achttausenders 1995 weithin bekannt. 2001 stand er aus einem anderen Grund in den Medien: Sein sieben Monate alter Sohn starb an einem Schütteltrauma, nachdem Loretan das schreiende Kind kurz und heftig geschüttelt hatte. Er nutzte die Öffentlichkeit, um für die Gefahren von Schütteltraumata zu sensibilisieren.