Gabriella Baumann-von Arx gründete vor 13 Jahren den Wörterseh Verlag, der sich insbesondere spezialisiert hat auf das Verlegen von Lebensgeschichten. arttv.ch sprach mit ihr über die Zukunft des Buches.
Wörterseh Verlag Zürich | Interview mit der Verlegerin Gabriella Baumann-von Arx
- Publiziert am 30. April 2017
Wie sind Sie Verlegerin geworden?
Mein Werdegang ist sicher etwas ungewöhnlich. Ich bin gelernte Arztgehilfin, früher hiess das noch so. Dann flog ich bei der damals noch existierenden Swissair als Flight Attendant und arbeitete irgendwann als Journalistin – und so kam ich zum Bücherschreiben. Als mein damaliger Verlag mein zweites Buch über Lotti Latrous nicht so schnell verlegen wollte wie ich mir das wünschte, setzte ich mich mit meiner damaligen Lektorin in ein Strassencafé und drohte ihr: «Wenn ihr das Buch nicht wollt, dann gründe ich selber einen Verlag, denn das Buch muss jetzt raus!». Genau in diesem Moment schiss mir ein Spatz auf den Kopf, und ich wusste, mehr Zeichen von oben würde ich nie mehr kriegen. Ja, und so bin ich also Verlegerin geworden.
Wie viele Bücher veröffentlicht der Wörterseh Verlag jährlich?
Zu Beginn sagte ich, der Wörterseh verlegt höchstens fünf Bücher pro Jahr, mittlerweile hat sich die Zahl bei etwa zwölf eingependelt. Wir bekommen pro Woche zwischen fünf und zehn Anfragen für Bücher oder Einsendungen von Manuskripten. Wir müssen also sehr restriktiv entscheiden.
Es gibt bereits einen Film über Florian Burkhardts Leben. Nun erscheint bei Ihnen die Autobiografie. Haben Sie ihn darum gebeten?
Keineswegs, nein. Es war die Agentur von Florian Burkhardt, die uns angefragt hat, ob wir an seinem Erstling interessiert wären. Als ich sein Manuskript zu lesen begann, verliebte ich mich in seine Sprache. Vom Film «Electroboy» hatte ich zwar gehört, ihn aber erst ganz kurz vor Drucklegung gesehen.
Welches ist Ihr meistverkauftes Buch und weshalb glauben Sie ist das so?
«Das volle Leben – Frauen über achtzig erzählen» von Susanna Schwager. Da kam einfach alles perfekt zusammen: eine schöne Idee zur richtigen Zeit, eine wunderbare Autorin und bezaubernde Frauen, die sich porträtieren liessen, unter ihnen auch Stefanie Glaser.
Welche Zukunft hat das Buch – oder aber – welches Buch hat Zukunft?
Ich bin keine Zukunftsforscherin, aber eine hoffnungslose Optimistin und daher sage ich: das Buch ist schon so alt, es wird nie untergehen, sondern die Menschheit immer begleiten. Bücher, die eine Seele haben, wird es immer geben. Und ich bin deshalb auch überzeugt, dass Verlage, die gut recherchierte und sorgfältig produzierte Bücher in die Welt setzen, eine Zukunft haben.
Welches Buch sind Sie derzeit selber am Lesen?
Momentan stecke ich in den Manuskripten, die im Herbst zu Büchern werden und komme nicht zum Lesen von andern Büchern. Sie liegen wartend auf meinem Nachttisch. Das Buch, das ich aber schon sehr bald unbedingt nochmals lesen möchte ist «Am Hang» von Markus Werner; auch ein Buch, in das ich mich verliebt habe.
Interview: Silvana Ceschi