Das Schaulager in Münchenstein zeigt die neueste Grossprojektion «Olympia» von David Claerbout. Sie ist eine Reflexion über Zeit und Wahrnehmung: In Echtzeit simuliert der 48-jährige, belgische Künstler den organischen Zerfall des Olympia-Stadions in Berlin. Das Projekt ist auf die kommenden tausend Jahre angelegt.
Schaulager | David Claerbout «Olympia»
- Publiziert am 10. Juli 2017
Verschmelzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Mit seinem Schaffen an der Schnittstelle von Fotografie, Film und digitalen Medien zählt David Claerbout (geboren 1969 in Kortrijk, Belgien) aktuell zu den innovativsten und renommiertesten Künstlern im Bereich der bewegten Bilder. Der gelernte Kunstmaler erweiterte seine Arbeit früh um fotografische und filmische Techniken und machte zunehmend die Zeit zu seinem künstlerischen Thema. Seine Werke verschmelzen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verblüffenden Momenten zeitlicher Elastizität und werden so zu tiefgründigen und bewegenden philosophischen Betrachtungen unserer Wahrnehmung von Zeit und Realität, Erinnerung und Erfahrung, Wahrheit und Fiktion.
Zeitlicher Verfall eines ideologischen Konstrukts
Auf den zwei Projektionen wird das gleichmütige Fliessen der Zeit ohne Filmschnitt erfahrbar. Vordergründig passiert eigentlich nichts, höchstens eine subtile Veränderung des Gebäudes und der Umwelt. Diese wird vom realen Wetter in Berlin bestimmt: David Claerbout bezieht fortlaufend aktuelle Wetterdaten und den Sonnenstand in sein digital berechnetes Stadion mit ein. Erbaut wurde das Original im Dritten Reich mit seinem tausendjährigen Herrschaftsanpruch. So versteht David Claerbout seine Installation Olympia auch als einen Versuch, den zeitlichen Verfall eines ideologischen Konstrukts der biologischen Zeit der Natur und der Lebenserwartung eines Menschen gegenüber zu stellen.