Was bedeutet familiäres Zusammenleben jenseits der Familienwelt, der wir in Fernsehen und Werbung so oft begegnen? Was sind die Schwierigkeiten, die Eigenheiten und die spezifische Qualität des Zusammenlebens in einer Familie? Wie können wir uns ein Leben jenseits der traditionellen Auffassung von Familie vorstellen? Solche Fragen werden im Kunstmuseum St.Gallen gestellt.
Was kann Familie heute sein?
Das Kunstmuseum St.Gallen hinterfragt in «Burning Down the House: Rethinking Family» die Familie als Tradition, Idee und Lebensform.
Künstler:innen der Ausstellung
Jonathas de Andrade, Louise Ashcroft, Shuvinai Ashoona, Bobby Baker, Nina Beier, BOLOHO, Louise Bourgeois, Kathe Burkhart, Vaginal Davis, Adolf Dietrich, Rhea Dillon, Laurence Durieu, Marie-Louise Ekman, Buck Ellison, Christina Forrer, Maria Guta/Lauren Huret, Nadira Husain, Juliana Huxtable, Kyoko Idetsu, Mary Kelly, Lebohang Kganye, Ghislaine Leung, Tala Madani, Katja Mater, Alexandra Noel, Phung-Tien Phan, Josiane M.H. Pozi, Niki de Saint Phalle, Ben Sakoguchi, Ju Sekyun, Sable Elyse Smith, Lily van der Stokker, Madeleine Kemény-Szemere, PINK de Thierry, Terre Thaemlitz, Ryan Trecartin, Amalia Ulman, Evelyn Taocheng Wang, Gillian Wearing, Ambera Wellmann
Haben sich die Familienkonzepte gewandelt?
Das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) hat anlässlich der Ausstellung eine Studie zur Situation der Familie verfasst, um aufzuzeigen, welche Bedeutung der Familie heute zukommt und was eine Familie zusammenhält: Wirtschaftliche Notwendigkeit, soziale Erwartungen, Glaube oder Biologie? Haben sich die Familienkonzepte gewandelt? Wie ist das Rollenverständnis der einzelnen Mitglieder? Und wie sind die Aufgaben innerhalb der Familie verteilt? Diese und weitere Antworten basieren auf repräsentativen Umfragedaten der Schweizer Bevölkerung, ergänzt um fundierte Einsichten von Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen. In der Ausstellung können Besucher:innen sich in die vorliegende Studie vertiefen, spannende Details und Erkenntnisse aus der Umfrage erfahren und mit einem Quiz spielerisch Ihr Wissen testen.
Tabuthema Familie
Die Familie wird in der zeitgenössischen Kunst selten zum Thema. Während feministische Künstler:innen ihre Rollen als Frau, Mutter und Betreuungsperson beleuchteten, bleibt es um die Familie seltsam still. Sie ist zwar ein etabliertes Genre in der Fotografie und das Familienportrait hat eine lange Tradition in der Malerei – eine kritische Bearbeitung, die über eine blosse visuelle Repräsentation hinausgeht, hat bisher jedoch kaum stattgefunden. Es scheint, als ob sich die Familie so tief in unserer Realität als eine unumstössliche Instanz eingenistet hat, dass eine solche Auseinandersetzung nicht zulässig ist. Wir leben in einer Zeit, in welcher Institutionen und Werte radikal infrage gestellt werden, nur, so scheint es, die Familie nicht. Die Ausstellung im Kunstmuseum St.Gallen hat den Anspruch, dies zu ändern.
Burning Down the House. Rethinking Family
«Burning Down the House. Rethinking Family» ist die erste internationale, umfassende Gruppenausstellung auf musealem Niveau, welche auf die Familie aus heutiger Sicht fokussiert und diese zugleich in Frage stellt. Damit leistet die St.Galler-Ausstellung zusammen mit der ausstellungsbegleitenden Publikation einen wichtigen kunsthistorischen Beitrag in der Aufarbeitung dieses Themas und knüpft an den aktuellen Diskurs der «Family Abolition» (zu welchem Autor:innen wie z.B. Sophie Lewis beigetragen haben) an. Die thematische Schau versammelt wichtige Arbeiten, u.a. von Pionierkünstlerinnen wie Louise Bourgeois, Mary Kelly, Bobby Baker und PINK de Thierry und zeigt sie im Dialog mit zukunftsweisenden Kunstwerken einer jüngeren Generation von, zum Beispiel Rhea Dillon, Kyoko Idetsu und Lebohang Kganye. Das kuratorische Konzept geht einen Schritt weiter als bisherige Ausstellungen, die sich einzelnen Aspekten der Familie – wie zum Beispiel der Eltern-/Mutterschaft und der Wahlfamilie/Regenbogenfamilie – widmeten, indem die (Kern-)Familie als eigentliches Tabuthema in der zeitgenössischen Kunst umfassender und grundsätzlicher angegangen wird.
(Textgrundlage: Kunstmuseum St.Gallen)