Wo Leben ist, wird Abfall produziert, was reingeht, muss wieder raus. Abfall wird je nach Kontext als vielversprechende Ressource oder unvermeidlicher Rest wahrgenommen. Eine Ausstellung dreht sich um die Reste jenes Stücks Hochleistungselektronik, das uns im Alltag so bezaubert: das Smartphone.
Museum der Kulturen Basel | Times of waste
- Publiziert am 18. April 2017
Gold zu Stroh
Als typisches Durchlaufprodukt unserer Zeit, hinterlässt das Smartphone viele Formen von Abfall: Schlacken, veränderte Landschaften und Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Die meisten Abfälle fallen schon vor seinem Gebrauch an – beim Rohstoffabbau in den Minen und deren Extraktion. Auch beim Recycling bleiben viele Abfälle und qualitativ minderwertige Materialien zurück. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung, wo man das Recycling als «Stroh zu Gold» schmackhaft zu machen sucht, lautet die Alchemie ernüchternd: Gold zu Stroh. Bezogen auf die Abfallproduktion ist das allerdings immer noch besser als gar kein Recycling.
Sich in die Karten blicken lassen
Die Ausstellung im Museum der Kulturen Basel gibt einen Einblick in das noch bis Ende Jahr laufende Forschungsprojekt «Times of Waste», das auf dem Vorgängerprojekt RhyCycling – Grenzraum im Fluss aufbaut. Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW untersuchte die vielfältigen Routen, stofflichen Transformationen und überraschenden Verflechtungen eines in Basel gekauften Smartphones aus einer materialistisch-ästhetisch-theoretischen Perspektive. Recherchen führten die Forschenden von Deponien über Schredder, Reparaturwerkstätten, Prüfanstalten bis zu Entwicklungsprogrammen und Forschungslabors. Sie versuchten herauszufinden, welche Abfälle zu welchem Zeitpunkt wie anfallen, wo diese jeweils hingehen und wie sie das Leben und die Umwelt derjenigen beeinflussen, die damit zu tun haben. Das war nicht einfach. Nicht nur, weil das Smartphone ein aus rund 50 Rohstoffen bestehender Computer im Miniformat ist, dessen Vor- und Nachleben kompliziert und vielfältig ist, sondern auch, weil es an entscheidenden Stellen schwierig war, konkrete und brauchbare Informationen zu bekommen. Immer wieder wollten sich angefragte Stellen nicht in die Karten schauen lassen. Nichtsdestotrotz wurden Betriebe und Menschen gefunden, die offen waren und ihr Wissen teilten – und somit diese Ausstellung ermöglicht haben.
Und was bleibt zu tun?
Die Ausstellung ist eine Assemblage verschiedener Fragmente, die assoziativ zusammenspielen: eine Videoprojektion mit atmosphärischen Landschaften, ein Tonessay zur Objektbiografie eines Smartphones und ein modellhaftes Metall-Relikt. Dessen Innenleben archiviert jenes geologisch-materielle Nachleben, das die Smartphone-Entsorgung hervorbringt: Verschiedene Granulate, Schlacken oder Metalle. Sie zeugen davon, dass die Menschen auf der Suche nach Rohstoffen nicht nur die Erdkruste abtragen, sondern sie auch mit neuartigen Abfall-Materialien anfüllen. Um die ausgestellten Abfälle, Steine, Karten, Bilder, Grafiken und Töne gruppieren sich verschiedene Texte, die aus unterschiedlicher Perspektive der Frage nachgehen: Wo geht das hin, was jeweils übrigbleibt? Und was bleibt zu tun?