Wenn die Postbushaltestelle selbst zum Ausflugsziel wird: Als Zollgebäude wurde die Sala Viaggiatori im kleinen Örtchen Castasegna 1958/59 von Bruno Giacometti erbaut, heute dient es nicht nur als Ausstellungsraum, sondern nach wie vor auch als Haltestelle des Grenzortes. Unter der Leitung des Kurators Luciano Fasciati entstehen zweimal jährlich disziplinenübergreifende Ausstellungen. Aktuell widmet sich «Fragile» ganz der Glaskunst und setzt sich das Ziel, Tradition und Zukunft zu verbinden.
Ein ehemaliges Zollgebäude - Eine wahre Trouvaille im Bergell
In der «Sala Viaggiatori» werden längst keine Schmuggler mehr dingbar gemacht. Sie hat sich zu einem ganz besonderen Ausstellungsort gemausert.
Fragile
Einen Schwerpunkt der Ausstellung «Fragile» bildet das Schaffen des in Castasegna aufgewachsenen Glasmachers Jonas Noël Niedermann. Er ist ein Glaskünstler, dessen Werk die Grenzen von Form, Textur und Material verschiebt und eine Verbindung zwischen Tradition und Zukunft herstellt. Mit namhaften Künstler:innenpositionen wie Judith Albert, Andrea Heller, Isabelle Krieg, Daniela Schönbächler, Sebastian Stadler und Not Vital wird das Ausstellungsthema überraschend angeregt und der Blick auf die Gegenwartskunst ausgeweitet. In Zusammenarbeit mit OKRO Design & Craft wird dazu auch eine Auswahl zeitgenössischen Glasdesigns gezeigt, sowie kunsthandwerkliche Trouvaillen aus dem Palazzo Castelmur (Coltura-Stampa) und Objekte aus der Dauerausstellung über die Bündner Zuckerbäcker (Società Storica Bregaglia).
Über die Architektur
Am Dorfausgang des Grenzortes Castasegna, unweit der Werksiedlung Brentan, baute Bruno Giacometti (1907–2012) Ende der Fünfzigerjahre im Auftrag des Bundes eine Zollstation als freistehenden Solitär. Während die zeitgleich entstandenen Häuser der Wohnkolonie die Anpassung an den Bestand suchen, hebt sich das Zollhäuschen pointiert von seiner Umgebung ab. Es präsentiert sich als ein Exponat modernster Schweizer Architektur ohne den geringsten Hauch einer regionalistischen Tendenz. Souverän behauptet sich der feingliedrige Bau gegenüber dem spätklassizistischen Zollhaus auf der anderen Strassenseite, dessen gravitätischer Strenge er mit einer frivol anmutenden Leichtigkeit begegnet. Der elegante Pavillon, ein Staatsbau im Kleinformat, bringt eine beschwingte Note ins Grenzareal. Er repräsentiert ein Land im Aufbruch, fortschrittsgläubig und zukunftsorientiert, kulturell und technisch auf der Höhe der Zeit.