Kennen Sie das Gefühl, die Welt nur noch selektiv durch die Kapsel einer selbstgebauten Hütte wahrzunehmen? Wissen Sie noch, wie Sie als Kind unter den Tisch gekrochen sind, um einen unscheinbaren Raum zu erforschen? Die Kunstschaffenden laden dazu ein, an der langen Tafel mit ihnen zu essen, dem Flüstern anderer Gäste zu lauschen, in einer hauseigenen Schlafkoje die Nacht zu verbringen, Postkarten mit fiktiven Topografien zu verschicken oder zarte Welten aus zerschlagenem Geschirr zu entdecken.
Das Zimmermannhaus in Brugg wird zu einem temporären Hotel mit künstlerischer Note
Im «hOTel anderswo» erprobt ein Künstler:innen-Kollektiv das Wechselspiel von Rückzug und Teilhabe.
Eine Dekonstruktion des Gastgewerbes
Das Zimmermannhaus Brugg öffnet für einige Wochen seine Türen als Hotel. Die temporäre Utopie hebt den Zweck des Ausstellungsortes spielerisch auf. Eigens eingerichtete Schlafnischen laden zum Übernachten ein, befragen die Grenze zwischen Individuum und Gruppe und unterlaufen die gewohnte Anonymität eines Zimmers im ‹richtigen› Hotel. Die Einladung zum gemeinsamen Mahl, eigentlich nichts Ungewohntes in der Gastronomie, folgt eigenen Regeln unter der Regie des Künstler:innen-Kollektivs Maria Bänziger, Silja Dietiker, Lea Gygli und Edgar Leciejewski. Die drei Etagen sind unterschiedlichen Nutzungen zugeordnet. Vom Erdgeschoss mit der Rezeption gelangt man im ersten Stock zur grossen, für verschiedene Nutzungen vorgesehene Tafel und weiter hoch zu den Schlafbehausungen. Es liegen Hotelzeitungen aus, es stehen Postkarten zur Verfügung, tatsächliche und fiktive Erinnerungen an Aufenthalte in Gasthöfen sind hörbar, und das erste Mahl hinterlässt als Cyanotypie eine Spur im Tischtuch der langen Tafel. Mit dem unterschiedlich dosierbaren Mass an Rückzug und Teilhabe, mit den durchlässigen Grenzen zwischen Beobachten und Mitwirken, mit der gemeinsamen Bezugnahme auf Dinge, Klänge, Fiktion und Erinnerung rückt Kunst ins Zentrum eines gemeinschaftlichen Erlebens: Das Zimmermannhaus erprobt mit Gastfreundschaft eine Alternative zu Alleingang und (Kunst-)Kritik. Das Vorhaben richtet sich an Hotelästhet:innen, Über-den-Tellerrand-Denkende, Abenteuerschläfer:innen, Gourmet-Freund:innen oder Fiktion-Liebhaber:innen.