Aufstieg und Absturz – die beiden Komponenten sind oft erschreckend nah beeinander, heute ebenso wie in den Anfangszeiten der Bergsteigerei. Ausgehend von Ferdinand Hodlers Diorama stellen Kunstschaffende im Alpinen Museum der Schweiz vergängliche Werke aus, die maximal einen Tag alt werden.
Alpines Museum Schweiz | Les jours des éphémères
- Publiziert am 6. September 2016
Passend zum Zeitgeist
Der französische Begriff «éphémère» steht für die Eintagsfliege. «Ephemere Kunst» bezeichnet Formen der Kunst, die sich über schnell vergängliche Darstellungen definieren, dem traditionellen Kunstverständnis mit seinem Drang nach Ewigkeit also widersprechen. Nichts ist für die Ewigkeit, aber vieles nur einen Tag lang gültig. Aus der Erkenntnis, dass ephemere Kunstformen dem Zeitgeist mit seinem ausgeprägten Potenzial zum Flüchtigen am besten entsprechen, hat der Künstler Meinrad Feuchter seit 2013 eine Ausstellungs- und Dokumentationsplattform für ephemere Kunst eingerichtet, auf der Werke von Kunstschaffenden mit ähnlichen Motiven lanciert und dokumentiert werden. Die Werke, die thematisch in einem offenen Dialog stehen zu aktuellen gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Strömungen, sollen in ihrer zeitlichen Existenz die Eintagsfliege nicht überdauern.
Symbol der Aufbruch- und Pionierstimmung
Das diesjährige Ausstellungsthema dreht sich um das Werk «Aufstieg und Absturz», welches Ferdinand Hodler (1853–1918) ursprünglich als Dioramengemälde für die Weltausstellung in Antwerpen im Jahre 1894 geschaffen hatte. Fragmente dieses Gemäldes hängen heute im Auditorium des Alpinen Museums. Das Werk stammt aus der Zeit, als die Schweizer Alpen dem internationalen Tourismus erschlossen wurden. Als «Drame de l’alpinisme» wurde es rasch zu einem Symbol der Aufbruch- und Pionierstimmung der in Entstehung begriffenen Industriegesellschaften. Der Alpinismus, der damals viele und spektakuläre Opfer forderte, verkörperte diese Stimmung par excellence: Wer nach oben wollte, musste bereit sein, Risiken einzugehen, gar dem Tod ins Auge zu blicken. Aufstieg und Absturz, Risiko und Verlust – solche Motive fordern auch die heutige Gesellschaft mehr denn je heraus.
Neun Auserwählte
41 Kunstschaffende aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland haben sich für die Ausstellung im Alpinen Museum der Schweiz beworben. Ausgewählt wurden neun Arbeiten von: Christine Bänninger, Daniela Brugger, Mareike Drobny & Nicolas Vionnet, Nesa Gschwend, Ian Hager, Karin Heinrich, Jürgen Krusche, Lukas Veragut, Sibylle Völkin.