«Ich bin nicht pingelig», sagt Peter Liechtis Vater im Dokumentarfilm über seinen Schrebergarten, «ich habe einfach gerne Ordnung». Oder die Mutter meint nüchtern über ihren Mann, den sie «Papi» nennt: «Da war nie eine Harmonie. Wir hatten in fast allem entgegengesetzte Ansichten und Interessen». Liechtis letzter Dokumentarfilm ist schonungslos ehrlich, gleichzeitig auch eine Liebeserklärung an seine Eltern und ein Dokument über eine Generation, die es bald nicht mehr gibt.
VATERS GARTEN
Das Elternportrait des 2014 verstorbenen Filmemachers Peter Liechti, gehört zu den wohl berührendsten Dok-Filmen der Schweizer Kinogeschichte.
Preise
Berlinale IFF 2013, Forum: Publikumspreis (Preis der Leserjury des Tagesspiegels für den besten Film im internationalen Forum) | Crossing Europe FF 2013, Linz (A): FEDEORA-Award (Federation of Film Critics of Europe and the Mediterranean) for the best European Documentary | Visions du Réel IFF, Nyon 2013: Spezialpreis der Jury SSA/Suissimage für den innovativsten Schweizer Film aus allen Sektionen
Vaters Garten | Synopsis
«Um Himmels Willen – das sind Fragen!», sagt die Mutter, als der Sohn das Gespräch eröffnet. Das Ehepaar Liechti ist seit über sechzig Jahren verheiratet und lebt in der Ostschweiz in einer netten Blockwohnung. Vater Liechti verbringt vom Frühling bis im Herbst sehr viel Zeit in seinem grossen Garten. Da ist er der Herr, kann alles organisieren und stundenlang herumwerkeln. Mutter Liechti erledigt derweilen den Haushalt, bügelt Vaters unzählige Hemden und sieht zu, dass jeden Tag warmes Essen auf den Tisch kommt. Es wird mit den Bewohnern aus dem Wohnblock grilliert, mit Kollegen ein Würfelspiel gemacht oder über den Sinn und Unsinn einer Wandhalterung im Badezimmer diskutiert. Was zunächst nach perfekter Harmonie aussieht, wird immer mehr zu einem intimen Porträt zweier Menschen, die sich zwar bedingungslos lieben, aber eben doch ihre eigenen Vorstellungen von den grossen und kleinen Dingen im Leben haben. Sie öffnen sich und geben ihre Gedanken preis. Zentrale Themen sind dabei Kindheit, Erwachsenwerden, berufliche Entwicklung, Emanzipation, Geld und schliesslich der Glaube.
Stimmen
Unglaublich berührend, aufwühlend, schmerzend und erwärmend. Beim Schauen dieses Films durchläuft man Bäder verschiedener Gefühlstemperierungen; ein wahrliches Mitleiden und letztlich Mitleben. Man verlässt den Kinosaal trotzdem mit der Gewissheit, dass da irgendwo die Liebe steckt. Peter Liechti hat mit dem Puppentheater eine wunderbare Form des Erzählens gefunden – ein Kunstwerk. – Ruth Baettig; arttv.ch & festivalonline.ch | Als «oral history» ist «Vaters Garten» einer der raren filmischen Beiträge zur (Deutsch-)Schweizer Mentalitätsgeschichte. Künstlerisches Ereignis, das ihm im Vergleich mit den gängigen filmischen Elternporträts eine eigene Kategorie zuweist, ist jedoch die zweite Ebene, auf die das Geschehen theatralisch verfremdet gehoben wird. Der Preis für den besten Film, den ihm die Leserjury des Berliner «Tagesspiegels» nach der Uraufführung am diesjährigen Forum des Jungen Films, der «risikofreudigsten Sektion der Berlinale», zusprach, hat genau auch diese ästhetische Dimension honoriert. – Christoph Egger; Neue Zürcher Zeitung