Under The Fig Trees
Ein realitätsnaher Film über die Kraft der Frauen und eine Gesellschaft im Wandel.
Fidé, Sana, Melek, Meriem und andere Frauen arbeiten als Feigenpflückerinnen. Im Schatten der Bäume unterhalten sie sich über die Liebe und «Mektoub», das Schicksal. Die Regisseurin Erige Sehiri bleibt nah an den Gesichtern der Pflückerinnen und erfasst so ihre Emotionen. Wir bekommen Momente ihres Lebens mit, unter freiem Himmel und sprühend vor realitätsnaher Sinnlichkeit.
Die in Tunis ansässige Regisseurin und Produzentin Erige Sehiri war mit der Episode «Das Facebook meines Vaters» (2012) am Omnibusfilm «Familienalben» beteiligt. Seit der Revolution setzt sie sich für die Schaffung neuer Medien ein, ist Mitbegründerin des Online-Magazins Inkyfada für unabhängig Publizierende, das sich eingehend mit in Tunesien wenig aufgegriffenen Themen befasst. Seit 2017 leitet sie die Produktionsfirma Henia, mit der sie Dokumentarfilme dreht und unsichtbaren Arbeiter:innen ein Gesicht gibt, während sie gleichzeitig Filme von Jungen fördert.
2018 drehte sie den Film «La Voie normale» mit tunesischen Eisenbahnern, die von ihrem Alltag berichten, in dem sie mit den Mängeln der nationalen Eisenbahn zu kämpfen haben. Der Film erhielt mehrere Preise, darunter den Publikumspreis beim Festival «Filmer le Travail» 2019 in Poitiers. 2020 hat Erige Sehiri Rawiyat-Sisters mitbegründet, ein Kollektiv von Filmemacherinnen aus der arabischen Welt. «Under the Fig Trees» ist ihr erster Spielfilm; er lief in der Quinzaine des cinéastes in Cannes.
Under The Fig Trees | Synopsis
Sie heissen Fidé, Sana, Melek, Meriem oder Leila. Einige sind sehr jung, manche schon etwas älter, und sie haben sich versammelt, um gemeinsam die Sommerernte der Feigen einzubringen. Mit ein paar männlichen Kollegen sitzen sie auf der Ladebrücke des Pick-ups, der sie zur Obstplantage bringt; den Fahrer sprechen sie alle mit Chef an. Ihre Arbeit erfordert Geschick und Feingefühl, die reifen Früchte müssen schnell gepflückt werden, ohne sie zu fest anzufassen oder zu drücken und insbesondere, ohne dabei die fragilen Aste zu verletzen. Mit Klemmstangen bewaffnet, greifen die Erntehelfenden nach Zweigen oder klettern mitten ins Geäst, um später ihre kostbare Ernte mit der nötigen Sorgfalt in Eimer und Kisten zu schichten. Während sie sich ein paar Dirham verdienen, die der Chef ihnen hoffentlich bezahlen wird, unterhalten sie sich im Schatten der Bäume über die Liebe, teilen Erinnerungen und stellen sich Fragen zum «Mektoub», was so viel bedeutet wie Schicksal. Einige flirten offenkundig, andere streiten sich leichthin, wieder andere bringen die Situation der Jugendlichen an der Küste von Monastir zur Sprache. Drei Frauen – im richtigen Leben drei Schwestern – treten besonders in Vorschein. Die junge Fidé ist immer wieder damit beschäftigt, ihren Schal zu bändigen, der sich im Wind wie eine heldenhafte Figur im Kampf gegen eine patriarchale Welt aufbäumt. Eine Welt, über die sie sich keinerlei Illusionen macht. Sana verwendet ihre ganzen Verführungskünste, um einen jungen Mann zu erobern, in den sie sich gerade zu verlieben scheint und den sie sich
im Grunde viel konservativer wünschen würde. Als eifersüchtige junge Frau und Partnerin in spe wäre das beruhigend. Melek schliesslich ist hoch erfreut, ihre Jugendliebe Abdou wieder zu treffen. Er ist zur Feigenernte in die Heimat zurückgekehrt, nachdem seine Familie vor kurzem in die Nähe von Monastir gezogen ist, eine Region, die besonders unter der Wirtschaftskrise leidet. Die Laiendarstellerinnen repräsentieren jede für sich einen Teil der tunesischen Gesellschaft und künden vom Wandel, bei dem Werte und Traditionen aufeinanderprallen.
(Text: Trigon Film)
Under The Fig Trees | Stimmen
«Ein Film über den Sommer und die Jugend.» – Filmbulletin | «Der tunesischen Regisseurin Erige Sehiri gelingt der Balanceakt zwischen leichtem Sommerfilm und antipatriarchaler Gesellschaftsanalyse beinahe perfekt; eine wunderschön haptische Studie der Arbeit des Feigenpflückens gibt es sozusagen gratis dazu.» – Dominic Schmid, NZZaS | «Ohne in eine grobe Anklage zu fallen, verschwestern sich hier nicht nur die Protagonistinnen, sondern auch Skript, Landschaft und Haltung zu einem wohltuenden Blick auf Frauenschicksale in der arabischen Welt.» – Outnow