Vor zwei Jahren zeigte die Berlinale PETER VON KANT, François Ozons Remake eines Fassbinder-Klassikers, letztes Jahr dann Rebecca Millers SHE CAME TO ME, eine romantische Komödie, die gleich in Vergessenheit geriet. Und dieses Jahr war nun also ein düsteres Drama des Newcomers Tim Mielants zu sehen – zumindest ist sein Hauptdarsteller Cillian Murphy ein Superstar.
SMALL THINGS LIKE THESE
- Publiziert am 19. Februar 2024
Mit ihren Eröffnungsfilmen hatte die Berlinale-Leitung in den letzten Jahren kein besonders glückliches Händchen. 2024 setzt sich der Trend fort …
SMALL THINGS LIKE THESE | Synopsis
Eine Kleinstadt im irischen Wexford, 1985, kurz vor Weihnachten. Bill Furlong schuftet als Kohlenhändler, um den Lebensunterhalt für sich, seine Frau und seine fünf Töchter zu verdienen. Während er im örtlichen Kloster die Kohle ausliefert, macht er eines frühen Morgens eine Entdeckung, die ihn zwingt, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Er wird mit dem Schweigen einer Stadtgemeinschaft konfrontiert, die vollständig unter der Kontrolle der Kirche steht. Nach dem gleichnamigen Roman von Claire Keegan. (Berlinale)
SMALL THINGS LIKE THESE | Kurzrezension
Von Geri Krebs
Cillian Murphy? Ja, das ist der von OPPENHEIMER und er ist Oscar-nominiert. Der 1976 geborene Ire verkörpert hier mit viel Zurückhaltung den Kohlehändler Bill Furlong, einen so herzensguten wie schweigsamen Ehemann und Familienvater einer fünfköpfigen Kinderschar – und Träger eines düsteren Geheimnisses. Und ebenso düster ist das, was er in der Gegenwart erlebt. Schauplatz ist eine irische Kleinstadt im Jahr 1985, einer Zeit, in der in dem atlantischen Inselstaat die katholische Kirche immer noch allmächtig war. In einer der ersten Szenen von SMALL THINGS LIKE THESE, dessen Handlung auf dem 2022 erschienenen historischen Romans der irischen Schriftstellerin Claire Keegan basiert, erlebt man einen kurzen Augenblick lang, welchen Horror die zweitausend Jahre alte Institution verbreitete: Bill Furlong muss mitansehen, wie sich ein Mädchen laut schreiend dagegen wehrt, von seiner Mutter einer Nonne am Tor zu einem Kloster übergeben zu werden – vergeblich. Die Schreie gehen einem durch Mark und Bein, das Mädchen scheint wohl zu wissen, was es hinter den Klostermauern erwartet. Es ist eine der ganz wenigen Szenen expliziten Schreckens im Film. Eigentlich wäre das eine Stärke von SMALL THINGS LIKE THESE: fast alles liegt hier im Atmosphärischen. Doch Tim Mielants treibt dieses Prinzip so weit, dass das Unausgesprochene, Nicht-Explizite bisweilen nahe an gepflegte Langeweile reicht. Und zusammen mit dem Stilprinzip, dass der Plot häufig völlig unvermittelt und bruchlos zu Flashbacks von Bill Furlogs Kindheit – und gleich wieder zurück in die Gegenwart – wechselt, wird SMALL THINGS LIKE THESE dann zu einer eher mühevollen Geschichte. Der Applaus am Eröffnungsabend war dementsprechend sehr verhalten.