Allerdings war auch Rolf Breiners Top-Film eine Produktion, die unter Schweizer Flagge segelte. Bei Breiners Lieblingsfilm des Festivals handelt es sich um «The Land Within» von Fisnik Maxville, ein Schweizer Regisseur mit kosovarischen Wurzeln. «The Land Within» beschäftigt sich mit der Frage, was Heimat bedeutet und überzeugt mit Thrillercharakter. Gezeigt wurde der Film in der Sektion «Panorama Suisse».
Rolf Breiner: Wertung Top und Flop Locarno Film Festival 2023
- Publiziert am 16. August 2023
Einspruch
«Und das man ohne Täuschung zu leben vermag» soll der schlechteste Film des Festivals sein? Echt jetzt? Das sehen arttv Chefredaktor Felix Schenker und die arttv Filmkritikerin Djamila Zünd diametral anders. Für die beiden war der Film einer der eindringlichsten des Festivals. Was Rolf Breiner «Und das man ohne Täuschung zu leben vermag» ankreidet, sind gerade die Stärken des Films. Die Starre, von der Breiner spricht, zeigt sehr schön, wie die Protagonist:innen in sich selber gefangen sind. Oder vielleicht doch nicht? Zeit die Klingen zu wetzen! Mehr dazu im kommenden eMagazin CLICK CINEMA. Dort finden Sie auch ein Interview mit der Regisseurin Katharina Lüdin.
The Land Within | Synopsis
Ein junger Mann kehrt in seine verlorene Heimat zurück und begibt sich auf die Suche nach seiner eigentlichen Herkunft. Während die letzten Mitglieder seiner Familie und ehemalige Freunde in ihm nur den unwissenden Rückkehrer sehen, vermag er es jedoch viel mehr zu begreifen und anzustossen, als den Einheimischen lieb ist. Der talentierte und ambitionierte kosovarisch-schweizerische Regisseur Fisnik Maxville imaginiert in «The Land Within» eine Herkunftserzählung und schafft ein bildgewaltiges, an den magischen Realismus erinnerndes Werk. Damit wäre sein Film auch im Programm der «Fuori concorso» sehr gut aufgehoben.
Bester Film: «The Land Within» von Fisnik
Regisseur Maxville ist Schweizer mit kosovarischen Wurzeln. Sein Film handelt von Remo. Dieser ist als adoptiertes Flüchtlingskind in der Schweiz gross geworden und kehrt 2008 als 25Jähriger in seine Heimat Kosovo zurück, wird mit seiner Vergangenheit, seinen Wurzeln und den Verflechtungen seiner Familie konfrontiert. Maxvilles Spielfilmdebüt beschreibt bedrückend, wie Menschen sich im Balkankrieg entzweiten, Verfehlungen verschwiegen und doch der Vergangenheit nicht entkommen können. «The Land Within» hat teilweise Thrillercharakter und dreht sich im Kern um die Frage nach der Heimat, den Wurzeln in uns, nach dem, was uns prägt oder geprägt hat. Dieser albanische Spielfilm unter Schweizer Flagge hätte einen Schweizer Verleih verdient. Mit Sicherheit!
Schlechtester Film: «Und das man ohne Täuschung zu leben vermag»
Es macht keine Freude über Filme zu berichten, die einen geärgert und frustriert haben, gleichwohl… Es gibt Filme, die sich um sich selbst drehen (l’art pour l’art), solche, die handwerklich dürftig sind, oder formal experimentieren, visuell brüskieren oder provozieren. Davon waren einige Beispiele in der Sektion «Pardi di Domani» zu erleben. Gut, das ist der richtige Platz dafür. Wie aber der Film «Und das man ohne Täuschung zu leben vermag» von Katharina Lüdin Eingang ins Filmfestival (Concorso Cineast del Presente) fand, bleibt mir ein Rätsel. Selten habe ich einen Film gesehen, der vor Leere und Langeweile nur so «sprühte» wie dieses starre Stück über Menschen, die aneinander vorbeireden. Im wahrsten Sinn des Wortes sind hier die Bilder erstarrt, die Akteure in Worthülsen gefangen. «Modernes Kommunikationsmosaik» nannte das der Deutschlandfunk. Aber was hat das im Kino zu suchen, das vor allem von und mit Bildern lebt?