Die Filmauswahl in der Reihe «Female Trouble» beweist sowohl Humor als auch Respekt für ihre Frauenfiguren, die oftmals den Ausbruch aus dem Status quo wagen. Wir begegnen Charaktere, die gesellschaftlich diktierten Normen zuwider laufen und sich in den Lücken einer wohlgeordneten sozialen Struktur ihre Freiheiten herausnehmen. 20 Genre-Filme stehen zur Auswahl von «Rebecca» über «The Nightingale» bis zu «Lady with a Sword». Das NIFFF 2023 findet vom 30. Mai bis 8. Juli 2023 statt.
NIFFF 2023: Female Trouble – Der Name ist Programm
Das Festival widmet sich der Entwicklung weiblicher Archetypen in der Geschichte des Genrefilms.
Female Trouble – 20 Spielfilme
Das im Rahmen der 22. Ausgabe des Festivals gezeigte Sonderprogramm «Female Trouble» knüpft an die letztjährige Retrospektive «Scream Queer» an: Ohne Anspruch auf Vollständigkeit verfolgt die reflexive Retrospektive sowohl einen chronologischen als auch einen geografischen Leitfaden mit dem Ziel, die Entwicklung eines vielfältigen und komplexen Themas greifbarer zu machen. Das Programm umfasst rund 20 Spielfilme und wird ergänzt durch eine öffentliche Gesprächsrunde mit Persönlichkeiten, die sich vertieft mit der Wahrnehmung und Entwicklung dieser Repräsentationen befassen.
Blutdrünstige Emanzipationsgeschichten
Der fantastische Film bietet grosse Freiräume, ist aber auch ein Nährboden für hartnäckige Klischees: Es hat in der Kunstform nie gemangelt an archaisch repräsentierten Frauenfiguren. Dargebrachte Opfer, gepeinigte Heldinnen – das Genre hat Widersprüchliches geleistet und Frauen oft dafür bestraft, dass sie aus ihren traditionellen Rollen – etwa der Ehefrau oder der braven Tochter – ausbrachen. Dennoch sind es auf den zweiten Blick oft Emanzipationsgeschichten, die fantastische Filme erzählen. Ob Heldinnen des Female Gothic (REBECCA, Alfred Hitchcock, 1940), Faustkämpferinnen in Haft (FEMALE PRISONER #701: SCORPION, Shun’ya Itō, 1972), Nüxia und Ritterinnen aus der chinesischen Literaturtradition (LADY WITH A SWORD, Kao Pao-shu, 1971) oder Überlebenskünstlerinnen im Weltraum (ALIENS, James Cameron, 1986) – viele dieser Figuren haben eines gemeinsam: Sie laufen gesellschaftlich diktierten Normen zuwider und nehmen sich in den Lücken einer wohlgeordneten sozialen Struktur ihre Freiheiten heraus.
Nasty Mother
Verstörende Weiblichkeit gab es schon in den Anfängen des Kinos: So genannte «Nasty Women» zerstörten das Bild der Frau im häuslichen und öffentlichen Raum. Ein «Vorbild», das spätere Filmschaffende beeinflusste und manchmal sogar zum Herzstück ihrer Filme wurde, wie z. B. bei John Waters. In SERIAL MOM (1994) entwirft Waters eine besonders interessante Variation des Themas: Man könnte von einer «Nasty Mother» sprechen. Im Lauf der Zeit nutzten vermehrt auch Regisseurinnen die Mittel des fantastischen Films, um Geschichten mit aktuellen Inhalten zu erzählen, wie Jennifer Kent in THE NIGHTINGALE (2018), einem eindringlichen Thriller, der die Erzähltradition des Rape & Revenge aufgreift und dabei Geschlechtsfragen, aber auch die Brutalität der Kolonialisierung zum Thema macht.