Lausanne im tiefsten Winter: Vor dem Eingang eines Bunkers am Stadtrand hat sich eine kleine Menschenmenge angesammelt. Es ist die Notschlafstelle für Obdachlose, wo man für 5 Franken ein Abendessen, ein Bett, eine Dusche und ein Frühstück erhält.
L'abri
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Am Eingang dieses kaum bekannten unterirdischen Gebäudes findet jeden Abend dasselbe dramatische Eintrittsritual mit oft heftigem Gedränge statt. Die Wächter haben die schwierige Aufgabe, «die Armen zu sortieren»: Frauen und Kinder zuerst, dann die Männer. Obwohl der Luftschutzkeller über insgesamt 100 Betten verfügt, werden nur 50 «Auserwählte» ins Innere gelassen, wo sie eine warme Mahlzeit und ein Bett zugeteilt bekommen. Für die anderen wird es eine lange Nacht werden.
Stimmen
Melgar schaut hin, wo wir meistens rasch den Kopf drehen, damit es ja keinen Blickwechsel gibt. Hier sitzen wir im Kinosessel und gehen mit der Kamera auf die Reise durch diese Unterwelt. Die Kraft steckt genau in diesem kommentarlosen Folgen; es kommen dabei Fragen an die Oberfläche, auf die es schwierig ist, Antworten und Lösungen zu finden… Ruth Baettig, festivalonline.ch | «L’abri» ist hochspannend, stellt moralisch beissende Fragen und gewährt einen Einblick in eine Welt, über deren Existenz sich kaum ein Schweizer bewusst ist. […] Melgar will keine Antworten geben oder politische Lösungsvorschläge präsentieren, sondern in erster Linie die Perspektive der Betroffenen sicht- und fühlbar machen. Und dies gelingt ihm zweifellos. outnow.ch | Auf visuelle Ästhetik verzichtet Melgar: Alles Geschönte würde die Authentizität von «L’abri» verfälschen. Auch unterlässt er eine plakative Gegenüberstellung mit der reichen Schweiz. Urs Arnold, cineman.ch | Fernand Melgar macht mit «L’abri» formal keine Experimente, bringt filmisch nichts Neues – das ist aber auch nicht nötig. Der Film lebt vom Kontrast, den er schafft zwischen uns und dieser Parallelwelt, die eben auch bei uns, quasi unter unseren Füssen existiert, und die wir normalerweise gar nicht wahrnehmen. Michael Sennhauser, sennhauserfilmblog.ch