Kino | Nord
«Nord» ist ein herrlich sympathisches Drama, das von der skurrilen Reise eines depressiven Alkoholikers durch das verschneite Norwegen erzählt.
Synopsis: Jomar (Anders Baasmo Christiansen) arbeitet als Liftwärter in der norwegischen Provinz und verbringt seine Zeit in erster Linie mit Saufen und Schlafen. Seit seine große Liebe ihn verlassen hat und er zudem wegen eines Unfalls nicht mehr Skifahren kann, ist er depressiv und versinkt im Selbstmitleid. Als er eines Tages erfährt, dass er einen vierjährigen Sohn im Norden hat, begibt sich Jomar mit seinem Schneemobil und jeder Menge Schnaps auf eine melancholische Reise durchs verschneite Norwegen. Auf seinem kuriosen Road-Trip begegnen ihm einige liebenswürdige und absonderliche Gestalten, wie der lebensmüde alte Mann in einem Zelt auf einem zugefrorenen See, das einsame junge Mädchen Lotte (Marte Aunemo), oder der jugendliche Ulrik (Mads Pettersen), welcher Jomar in seine abenteuerlichen Saufrituale einweiht. Stars: Die meisten Rollen in «Nord» werden von Laiendarstellern gespielt, die zum Teil erst am Drehort gecastet wurden. Hauptdarsteller Anders Baasmo Christiansen ist ein in Norwegen beliebter Schauspieler, dem in «Nord» eine äußerst sympathische Verkörperung des depressiven Reisenden gelingt. Regie & Crew: Regisseur Rune Denstad Langlo zufolge wurde die Idee zu «Nord» geboren, als er selbst an Depressionen litt, an einem Skilift vorbei spazierte und an die schlecht gelaunten Liftwärter denken musste.
art-tv-Wertung: «Nord», der bereits bei der Berlinale ausgezeichnet wurde, bestätigt ein weiteres Mal das große Potential skandinavischer Filme, etwas Besonderes zu sein. Die wundervoll komische Lakonik der Menschen in der norwegischen Einöde und vor allem ihr daraus resultierender, übermäßiger Alkoholkonsum werden so glaubwürdig dargestellt, dass man zeitweise gar nicht an eine Überzeichnung der Charaktere glauben mag. «Nord» ist traurig und unglaublich komisch, nachdenklich und skurril, leidenschaftlich und lethargisch gleichzeitig. Mit einer zeitweise stillen, zeitweise brachialen Poesie wird die Geschichte eines depressiven Alkoholikers in einer Weise erzählt, die den Zuschauer von Anfang an mit ihm sympathisieren und mitfühlen lässt. Deshalb ist es fast schon schade, wenn der Road-Trip und damit die Geschichte nach kurzer Zeit, wenn Jomar sein Ziel erreicht, zu Ende ist. Bis dahin jedoch sollte man die Schönheit der weiten Schneelandschaften genießen, alkoholgeschwängerten Gesprächen oder einfach dem typischen Schweigen der kauzigen Darsteller zusehen und diese besondere Schwermütigkeit auf sich wirken lassen, die «Nord» zum schönsten und witzigsten Drama seit Langem macht. Fazit: «Nord» ist schwermütiges Drama und beschwingte Komödie gleichzeitig und für einen Kinoabend im Winter äußerst empfehlenswert.
Maximilian Haase