Erneut kommt eine grosse Deutsche Literaturverfilmung in unsere Kinos. Allerdings: Wer einen Roman verfilmt, dem ist die Kritik so sicher wie das Amen in der Kirche. Davon hat sich die Regisseurin Hermine Huntgeburth aber nicht abschrecken lassen.
Kino | Effi Briest
Synopsis: Auf Wunsch ihrer Eltern heiratet die temperamentvolle, siebzehnjährige Effi Briest (Julia Jentsch) den fast 20 Jahre älteren Baron Instetten (Sebastian Koch) – einen früheren Verehrer ihrer Mutter. Mit dieser aus Vernunft geschlossenen Ehe beginnt für Effi ein eintöniges Leben fernab der Heimat, an einem Ort der stillen Zurückhaltung: Instetten widmet sich seiner politischen Karriere und der verschlafene Ostsee-Badeort Kessin bietet wenig Abwechslung. Bis Major Crampas auftaucht, ein junger Regimentskamerad Instettens und charmanter Frauenheld. Effi beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihm und erfährt endlich, was Liebe und Leidenschaft bedeuten können. Doch der Preis ist hoch…
Kritik: Hermine Huntgeburth hat sich als erste Regisseurin an die nun fünfte Verfilmung von Theodor Fontanes 1895 erschienenen Gesellschaftsroman ‚Effi Briest’ gewagt. Ein mutiger Versuch, auch wenn sie sich dabei ein wenig unsicher erweist. Einerseits klebt der Film an vielen Stellen zu stark an der literarischen Vorlage. Wo er andererseits Mut zum Abstand beweist, verfällt er in vereinfachende Schwarz-Weiss-Malerei. Beispielsweise wird der Baron Instetten von Anfang an unsympathisch dargestellt – das ist bei Fontane anders. Dort kann man sich in die Bemühungen Instettens um seine junge Frau während ihrer Hochzeitreise durch Italien sehr gut einfühlen. Man muss den Roman daher gelesen haben, um zu wissen, dass Fontane die steifen gesellschaftlichen Konventionen im Preußen des späten 19. Jahrhunderts differenzierter schildert. Im Roman verliebt sich Effi dann auch selbst in einen sympathischen Instetten nicht. Vielmehr kämpft sie um ihre persönliche Freiheit und Mündigkeit. Vor allem aber vermag die Neuversion filmisch nicht wirklich zu überzeugen. Das wird nicht nur denjenigen auffallen, die Rainer Werner Fassbinders Effi-Briest-Verfilmung aus dem Jahr 1974 gesehen haben. Auch das viel versprechende Schauspielerensemble hält nicht, was man erwarten würde: Julia Jentsch vermag mit tonlosen Dialgen ihrer Effi kaum Leben einzuhauchen. Der fünfte Verfilmungsversuch ist aber nicht nur aufgrund seiner wunderschönen Meereslandschaftsbilder sehenswert. Er ist auch interessant, weil die literarische Vorlage ein Meisterwerk ist, an dem sich schon einige Filme abgearbeitet haben.
Isabel Bures