Futur Drei
Die Reihe «Le Bon Film» im Stadt|Landkino Basel zeigt Schweizer Kinopremieren, die sonst nicht zu sehen sind. Im Dezember: «Futur Drei»
In seinem autobiografischen Regiedebüt erzählt Faraz Shariat, Jahrgang 1994, authentisch und zugleich wundersam überhöht vom queeren Heranwachsen eines Einwandersohns in Deutschland – und liefert damit einen entschlossenen Gegenentwurf zu einem konventionellen Kino, in dem post-migrantische Erlebnisse und Geschichten von Einwanderern und ihrer Familien allzu oft ausgeschlossen oder falsch dargestellt werden.
Faraz Shariat (Regie, Buch und Produktion). Geboren 1994 in Köln. Nach ersten Regie- und Schauspielarbeiten am Schauspiel Köln folgten 2013 Video-Installationen für das Staatstheater Hannover. Im selben Jahr begann er sein interdisziplinäres Studium der Szenischen Künste an der Universität Hildesheim, wo er queer-feministische Filmtheorie, Populäre Kultur und Kulturwissenschaft studierte. Aufgewachsen als in zweiter Generation in Deutschland lebende Person of Color, arbeitet Faraz an einem entschlossenen Gegenentwurf zu einem konventionellen deutschen Kino, in dem post-migrantische Erlebnisse und Geschichten von Einwanderern und ihrer Familien allzu oft ausgeschlossen oder misrepräsentiert werden. Aus der Aufarbeitung seiner Familiengeschichte in autobiografischen Dokumentarfilmarbeiten und der Arbeit als Übersetzer für geflüchtete Menschen, entstand sein erster Langfilm: «Futur Drei».
Zum Film
Frei sein, Party machen. Das will Parvis, Sohn iranischer Einwanderer. Knapp 30 Jahre ist es her, dass seine Eltern während der Islamischen Revolution nach Deutschland geflohen sind. Weil es sich ohne Job oder Studienplatz einfach besser auf der Tasche der Eltern lebt, wohnt Parvis immer noch im bescheidenen niedersächsischen Heimatkaff Hildesheim und versucht, dem Provinzleben durch Popkultur, Grindr-Dates und Raves zu entfliehen. Nach einem Ladendiebstahl leistet er Sozialstunden als Übersetzer in einer Unterkunft für geflüchtete Menschen. Dort trifft er auf das charismatische Geschwisterpaar Banafshe und Amon. Zwischen ihnen entwickelt sich eine fragile Dreierbeziehung. Doch ihre unbeschwerte Freundschaft gerät ins Wanken, als zwischen Amon und Parvis die Idee von Liebe wächst. Kostümpartys, Palmenplantagen und Familienessen in der gesichtslosen Stadt – in einem flirrenden Sommer finden sich die drei jungen Menschen in dem Versuch von gemeinsamer Nähe und verlieren sich in der Erkenntnis, dass ihre Zukunft in Deutschland ungleich ist.
Konventionelle Sehgewohnheiten, Popkultur und Popcorn-Kino
Faraz Shariat engagiert sich für «Jünglinge». Ein Netzwerk von Filmschaffenden, die gemeinsam Sehgewohnheiten und Produktionsstrukturen der deutschen Filmlandschaft aufbrechen wollen. In ihrer Arbeit setzen sie sich kritisch mit Diskriminierung, Identitätsfestschreibung und Mechanismen des Othering auseinander. Auf der anderen Seite lieben sie aber auch Popkultur und Popcorn-Kino, und schätzen Filme oft am meisten, wenn sie zugänglich sind. In ihren Projekten erzählen sie deshalb queere und migrantische Lebensrealitäten in Pop-Zitaten und einer lebhaften Bildsprache, um Anknüpfungspunkte für ein vielfältiges Publikum zu ermöglichen. Faraz Shariat uns seine Mitstreiter*innen glauben daran, dass junger, deutscher Film queere und subversive Geschichten über das Aufwachsen und Zusammenleben in unserer Einwanderungsgesellschaft erzählen muss – und populärer Film kann hier als Mittel dienen, um für eine breite Öffentlichkeit die Vielfalt deutscher Lebensrealitäten und Geschichten sichtbar zu machen.