Die Genfer Filmemacherin Edna Politi schuf Werke zu den Themen Nahost, zeitgenössische Musik sowie sozialkritische Reportagen. Im Programm «Rencontre» der Solothurner Filmtage 2026 stellt sie ihre Filme persönlich vor. Neben den Filmvorführungen finden zwei vertiefende Gespräche mit Politi und weiteren Gästen zur aktuellen Lage im Nahen Osten statt.
Edna Politi ist Ehrengast der 61. Solothurner Filmtage
- Publiziert am 28. Oktober 2025
Die Filme der Nahost-Trilogie
Filmemacherin Edna Politi realisierte drei Filmen, die verschiedene Aspekte der Geschichte und des Konflikts in der Region behandeln. Im Fokus der Trilogie steht die komplexe Situation im östlichen Mittelmeerraum.
FÜR DIE PALÄSTINENSER – EINE ISRAELIN BERICHTET (1973/74): Dieser Dokumentarfilm analysiert die Lage der Palästinenser:innen, insbesondere die politische und wirtschaftliche Unterdrückung durch Israel. Politi drehte den Film während des Jom-Kippur-Kriegs von 1973 und lieferte dabei eine kritische Perspektive aus der Sicht einer Israelin.
WIE DAS MEER UND SEINE WOGEN (1979): Edna Politis Spielfilm ist der zweite Teil in ihrer Trilogie. Ein Film über zwei libanesische Freundinnen, Eva (eine Jüdin) und Samia (eine Muslima), die sich nach zehn Jahren zufällig in einem Pariser Café wieder treffen. Ihre Versuche, ihre alte Freundschaft wiederaufzubauen, scheitern jedoch immer wieder an den historischen und politischen Differenzen, die ihre Beziehungen überschatten.
ANOU BANOU – TÖCHTER DER UTOPIE (1983): In diesem Film porträtiert Politi sechs Frauen, die in den 1920er-Jahren aus zionistischen, sozialistischen und feministischen Überzeugungen nach Palästina ausgewandert waren. Er wurde in Co-Produktion mit dem ZDF gedreht.
Über Edna Politi
Edna Politi wurde 1948 in Sidon (Libanon) geboren und emigrierte 1967 nach Israel. Sie studierte Kunstgeschichte und Geschichte des Nahen Ostens an der Hebräischen Universität Jerusalem, bevor sie 1971 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin aufgenommen wurde. Seit vier Jahrzehnten lebt sie in Genf. Sie bewegt sich zwischen der arabischen, jüdischen und europäischen Kultur. Als Stimme und Vertreterin des interkulturellen Dialogs hat sie über 30 Spiel- und Dokumentarfilme in Deutschland, Frankreich, Israel und der Schweiz realisiert. Ihre Arbeit beschäftigt sich vor allem mit zwei Themenbereichen: dem Nahostkonflikt und der zeitgenössischen Musik. Ihr Film FÜR DIE PALÄSTINENSER – EINE ISRAELIN BERICHTET wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem bei der Berlinale und beim Internationalen Filmfestival Mannheim.

Eine Israelin in Palästina
In den 1970er-Jahren gehört Edna Politi zu den ersten Frauen, die an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin ausgebildet werden. Während des Oktoberkriegs 1973 dreht sie ihren ersten Film, FÜR DIE PALÄSTINENSER, EINE ISRAELIN BERICHTET – ein historisch fundierter, analytischer Dokumentarfilm zur damals aktuellen Lage. Ebenso differenziert ist ihr Porträt von sechs Frauen, die in den 1920er-Jahren aus zionistischen, sozialistischen und feministischen Überzeugungen nach Palästina emigrieren (ANOU BANOU – DIE TÖCHTER DER UTOPIE, 1983). Zusammen mit dem Spielfilm WIE DAS MEER UND SEINE WOGEN (1979) bilden die drei Werke eine Trilogie, die Politik und Poesie verbindet und dem Publikum die Komplexität der Situation am östlichen Mittelmeer vor Augen führt.
Verlagerung des Interesses auf künstlerische Schaffensprozesse
Edna Politi realisiert in den 1980er-Jahren über zwanzig mittellange Reportagen für das Westschweizer Fernsehen RTS, darunter ein Film über die Swissair, der sich mit der Frauenförderung im damaligen Schweizer Vorzeigeunternehmen befasst. Auch wenn ihr politisches Engagement stets präsent bleibt, interessiert sich Edna Politi zunehmend für künstlerische Schaffensprozesse und die Suche nach einer neuen filmischen Sprache. Sie arbeitet eng mit Contrechamps zusammen, dem Genfer Zentrum für Musik des 20. Jahrhunderts und dreht mehrere Langfilme, die von musikalischen Werken inspiriert sind.
Vertiefende Gespräche
Die 61. Solothurner Filmtage ehren Edna Politi mit einer Retrospektive. Ihre Nahost-Trilogie wird für die «Rencontre» digitalisiert. Das Programm umfasst unter anderem LE QUATUOR DES POSSIBLES (1992) – seit 2025 auf der Filmliste des UNESCO-Dokumentenerbes – sowie OMBRES (1997), über die Entstehung eines Werks des Schweizer Oboisten, Komponisten und Dirigenten Heinz Holliger. Die Vorführungen finden in Anwesenheit von Gästen statt und werden im Anschluss diskutiert. Neben den Filmvorführungen finden zwei vertiefende Gespräche mit Edna Politi und weiteren Gästen zu aktuellen Themen statt. An den Digitalisierungen der Filme sind neben den Solothurner Filmtagen die Cinémathèque suisse (Penthaz), die Deutsche Kinemathek sowie das Labor Color Grade (Satigny) beteiligt.