Pierre Monnard spricht in unserem Interview über einen besonderen Dreh, die Herausforderungen eines Kampffilms und davon, wie er das Beste aus seinen Schauspieler:innen herausholt.
BISONS | Interview Pierre Monnard
- Publiziert am 14. Februar 2024
«BISONS ist kein kopflastiger Film, er beruht auf Empfindungen und dem Überlebensinstinkt.»
Interview von Ondine Perier
Was motivierte Sie dazu, BISONS zu drehen?
Jeder Film hat seine eigene Geschichte. Ich bin in Châtel Saint Denis auf dem Land aufgewachsen. Ich stamme aus einer Familie, die zum Teil aus Landwirten besteht, und ich habe immer noch viele Familienmitglieder, die im landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten. Es ist eine Welt, die ich gut kenne und der ich sehr verbunden bin. Und ich hatte schon immer Lust, Geschichten zu erzählen, die in dieser Welt spielen, aber ohne Wunsch, einen Thesen-Film über die Landwirtschaft zu machen.
BISONS sollte ursprünglich «Passer l’hiver» heissen, warum wurde der Titel geändert?
Die Idee für diesen Titel kam uns nach der Pandemie und zu Beginn des Ukraine-Konflikts. Plötzlich gab es diese Angst, den Winter nicht überstehen zu können. Es war ein Ausdruck, der häufig von Politikern und Journalisten verwendet wurde, weil man Angst hatte, dass der Strom oder der Weizen ausgehen könnte. Man hatte das Gefühl, dass die Welt immer härter wurde. Man muss also lernen, auf verschiedene Arten zu kämpfen. Der Film erkundet diese kämpferische Welt in all ihren Formen. Als wir uns den Film nach der Montage ansahen, fanden wir, dass die Bisons eine sehr schöne, symbolische Stellung einnehmen. Und seltsamerweise verweisen die Tiere im Film wirklich auf das Menschliche. Der Filmtitel hat einen traumhaften Charakter. Es gibt auch diese Assoziation, die man zwischen dem Helden Steve Chappuis, seinem Aussehen, seinem Spiel und der ganzen Bison-Symbolik herstellen kann. Die Bisons sind sehr mutige Tiere. Wenn zum Beispiel ein Gewitter aufzieht, rennen sie im Gegensatz zu den Kühen, die Schutz suchen, auf das Gewitter zu, um es so schnell wie möglich zu durchqueren. Diese Tiere stellen sich den Problemen, ohne sich zu schützen; wie Steve, der sich seinem Schicksal stellt, auch wenn es ihn das Leben kostet.
Wie waren Sie in das Schreiben von BISONS involviert?
Ich habe das Schreiben während des gesamten Prozesses begleitet. Patrick Delachaux und Joseph Incardona schlugen Xavier Grin (dem Produzenten) zunächst vor, einen Film zu drehen, in dem ein Landwirt, der mit dem Rücken zur Wand steht, mehr oder weniger legale Mittel anwendet, um sich aus der Affäre zu ziehen. Mir gefiel die Idee, mit dem sehr schweizerischen Genre zu arbeiten, das man «Heimatfilm» nennt, also all jene Filme, die auf dem Land spielen und in denen die Protagonisten sehr oft Landwirte sind. Ich habe vor allem den Aspekt des Kampfes und die Geschichte der beiden Brüder eingebracht: Ich habe einen Bruder und das ist eine der wichtigsten Beziehungen in meinem Leben, eine komplexe Beziehung mit viel Liebe und auch vielen Konflikten.
Der Schauspieler, der Steve verkörpert, Maxime Valvini, hat nach mehreren Jobs in der Landwirtschaft 2015 auf Filmsets als Tontechniker gearbeitet. Wie haben Sie ihn gefunden?
Es war ein echtes Wagnis, da der Film stark auf seinen Schultern lastet. Ich habe ihn Ende 2018 getroffen, als wir anfingen, uns über die Figur Steve Gedanken zu machen. Ich wollte vor allem mit jemandem arbeiten, der aus der Welt der Schwinger kommt, ich suchte diese Authentizität. Wir organisierten also Castings, trafen uns mit sehr vielen Schwingern in der Westschweiz und unter diesen wurde uns Maxime vorgestellt, der Mitglied des Schwinger-Clubs von Carouge ist. Er hatte diese Sensibilität und auch eine gewisse zeitgemässe Ausstrahlung. Maxime hatte keine Schauspielerfahrung, aber er kannte die Filmwelt ein wenig als Tontechniker. Mit der Hilfe von Bruno Todeschini, der ein Freund von Maximes Familie ist, habe ich ihn zwei Jahre lang gecoacht. Wir wollten eine Verbindung aufbauen, um Vertrauen, Freundschaft und Komplizenschaft zu gewinnen, die es uns dann ermöglichen würden, diesen Film gemeinsam zu drehen, sobald das Budget gesichert war, und das unter harten Bedingungen und in sehr kurzer Zeit (Anm. d. Red.: Die Dreharbeiten dauerten weniger als 30 Tage).
Inwiefern waren die Dreharbeiten für den Hauptdarsteller anstrengend?
Einige Kampfszenen erforderten sehr viel Körpereinsatz. Da gilt es, seine Kräfte einzuteilen und darauf zu achten, sich nicht zu verletzen und gleichzeitig auch in den anderen Szenen präsent zu sein, wo es darum geht, Emotionen und Wahrhaftigkeit zu vermitteln. Die Zuschauer:innen müssen sich in ihn und seinen Bruder einfühlen können. Wir hatten von Anfang an beschlossen, Maxime mit erfahrenen Schauspieler:innen zu umgeben: India Hair, Karim Barras und Marie Berto. Wir hatten diese Schauspieler:innen schon sehr früh für die Rollen ausgewählt, so dass diese kleine Gruppe, die das Herzstück des Films bildet, viel Zeit miteinander verbringen konnte.