Georg Friedrich ist der Schauspieler der Stunde. Er ist gleich in zwei Wettbewerbsfilmen der Berlinale vertreten – in «Wilde Maus» und in «Helle Nächte». Der erstere ist ganz wunderbar, der andere eher auf der langweiligen Seite. Friedrich überzeugt jedoch in beiden Filmen.
Berlinale 2017 | «Helle Nächte» | Wenig erhellend
- Publiziert am 13. Februar 2017
Trübsal blasen
Logisch, vierzehnjährige Jungs können schwierig sein, und gut möglich, dass sie verletzt sind, wenn der Vater sich jahrelang nicht um sie gekümmert hat. Und logisch, dass eine gemeinsame Camping-Reise durch Norwegen dann nicht wirklich zum grossen Fest wird, sondern vielmehr zu einer trübseligen Angelegenheit. In Nordnorwegen gibt es ausserdem leider keine Bären, darum geht auch davon keine Spannung aus. Doch die demonstrative «Angepisstheit» des Jungen reicht nicht aus für einen Film, wenn es lediglich bei diesem Betroffenheits-Statement bleibt. Eine minutenlange Kamerafahrt, einer nebligen Bergstrasse entlang, soll wohl die Suche von Vater und Sohn nach sich selbst oder eine Fahrt in die innere Befindlichkeit veranschaulichen. Aber das ist alles eher dürftig und vor allem meist langweilig. Und weil dem so ist, hätte man sich das Ganze in dieser Form sparen können, würde der Film nicht durch die schauspielerische Leistung der Hauptprotagonisten punkten. Georg Friedrich als Vater und Tristan Göbel als Sohn meistern ihre Parts ganz grossartig. Nur leider vermag das den Film nicht genügend zu beflügeln. Dafür ist er zu «gemacht» und zu simpel erzählt.
Zum Film
Mit seiner Freundin lebt der aus Österreich stammende Bauingenieur Michael in Berlin. Schon seit Jahren hat er kaum Kontakt zu seinem mittlerweile vierzehnjährigen Sohn Luis. Als Michaels Vater stirbt, reisen die beiden dennoch gemeinsam zum Begräbnis in die Einsamkeit des nördlichen Norwegens. Im abgelegenen Haus des Verstorbenen beginnt Michael, dessen persönliche Gegenstände zu verpacken – wortlos beobachtet von seinem Sohn. Zwei einander fremde Menschen, gefangen in einer intimen Situation. Nach der Trauerfeier überrascht Michael Luis mit dem Vorschlag, noch ein paar Tage in der Region zu verbringen. Es beginnt ein Roadmovie und eine Reise in eine Vergangenheit, die es nicht gab. Das Zusammensein gestaltet sich schwieriger als erwartet. Weil man nie einen Alltag zusammen hatte, bleibt der tägliche Umgang ungewohnt: Michael überspielt die Situation, bei Luis zeigt sich, wie verletzt er ist. Die jahrelange Abwesenheit seines Vaters steht wie eine Wand zwischen den beiden. Im Auto herrscht die Stille vor dem Sturm. Während der langen Tage der Sommersonnenwende, in denen es niemals dunkel wird, versucht Michael den Kreislauf der Wiederholungen zu durchbrechen, um einen gemeinsamen Weg zu finden.