Die Zürcherin Dominique Margot, dem Berner Oberland eng verbunden, hat die Liebe zu den Bergen nie verloren. Über drei Jahre hat sie an dem Dokumentarfilm BERGFAHRT gearbeitet. Im Gespräch erzählt sie, warum sie die Berge nicht benennen will und warum eine japanische Tänzerin uns dabei hilft, neue Wege in die Zukunft zu erschaffen.
BERGFAHRT – Dominique Margot
Interview mit Dominique Margot
Von Rolf Breiner
Dominique Margot, welchen Bezug haben Sie zu den Bergen?
Meine Grosseltern mütterlicherseits waren Bergbauern im Berner Oberland. Ich war oft dort und habe diese Landschaft total geliebt.
Der Filmtitel ist unspektakulär. Der Untertitel «Reise zu den Riesen» verspricht aber spannende Begegnungen mit Bergen und Menschen.
Mich interessierte, wie die Menschen mit den Bergen interagieren, und zwar aus verschiedenen Berufs- oder Interessensparten.
Wann nahm Ihre Idee konkrete filmische Form an?
Das begann etwa 2019. Ich habe dazumal mit meiner Luzerner Produzentin Brigitte Hofer von Maximage gesprochen, und die war sofort begeistert. Das Projekt verzögerte sich etwas durch Corona. Nach den Finanzierungsetappen ging es 2022 schnell los. Da wurde der Hauptteil
gedreht.
Sie haben sich auf den alpinen Raum konzentriert. Wo haben sie gedreht?
Im österreichischen Sölden beispielsweise, am Jungfraujoch und Eiger, in Chamonix, im Argentière-Gletscher (Mont Blanc Gruppe), am Vorder Glärnisch (Glarnerland), Matterhorn und Lukmanier, Furkapass und im Aostatal.
Sie fühlen den Bergen, etwas flapsig gesagt, auf den Zahn und nähern sich den Bergen von aussen und von innen. War das von Anfang an Ihr Konzept?
Ja, das war sehr schnell klar, dass die filmische Suche sich in diese Richtung bewegt.
Sie zeigen verschiedene Personen, Positionen und Aktivitäten.
Ja, da ist der 86-jährige Parkwächter und Naturschützer Luigi Oreiller, ein Bergsteigerpärchen am Eiger, der Gletscherforscher Luc Moreau, der Informatiker und Bergführer Jan Beutel am Matterhorn oder die Botanikerin Erika Hiltbrunner am Furkapass.
Dazu kommt eine Japanerin, die singt und performt. Wie ist sie ins «Spiel» gekommen?
Mit den Tanzchoreografien möchte ich die vielen vertikalen Bewegungen in den Bergen aufnehmen und die Alpenmythologien einfliessen lassen, ohne sie informativ zu erzählen. Mit der japanischen Tänzerin Chiharu Mamiya verbindet mich eine langjährige Zusammenarbeit. Chiharu wird zur wandelbaren Gestalt zwischen Traum und Realität und so auch zum Verbindungselement der verschiedenen Filmebenen. Dass sie Japanerin ist, ermöglicht es zusätzlich auf subtile Weise die asiatischen Touristenströme in den Alpen zu erzählen. Bei unseren ersten Recherchen haben wir herausgefunden, dass die Masken aus dem Lötschental bei ähnlichen Ritualen in den japanischen Bergen auftauchen. So kam bei uns die Idee auf, die alten Traditionen neu zu interpretieren und unsere eigenen Rituale zu schaffen. Dies soll den Wunsch widerspiegeln, sich neue Wege in die Zukunft zu erschaffen.
Ihr Film kommt ohne Kommentare aus und hält sich mit Ortsangaben zurück …
Die Idee war, die Berge nicht zu benennen. Mein Film ist keine informative Reportage, sondern eine Impression über den Alpenraum. Wenn man genau guckt, sieht man Hinweise auf Sölden beispielsweise oder aufs Matterhorn.
Protagonist:innen, die man als «Ausbeuter» des alpinen Raumes bezeichnen könnte, bleiben Randfiguren. Kommt dieser Aspekte nicht zu kurz?
Diese Aspekte sind schon vielfach thematisiert. Sie klingen auch in meinem Film an, aber meine Suche war die Frage nach dem Nachher. Das Thema von der Ausbeutung und Massentourismus hätte man weiter ausbreiten können, aber damit öffnet man zu wenig Türen. Der Zeigefinger ist mir auch zuwider. Ich bin nicht da, um Lektionen zu erteilen, verfolge keine investigative Filmweise. Mir war wichtig, an das Thema ohne moralische Haltung anzugehen.
An welchen Projekten arbeiten Sie jetzt?
Ich arbeite an einem Spielfilm über die moderne Zirkuswelt. Arbeitstitel «Le Grand Show». Das Drehbuch von Sebastian Meier und mir steckt in der Endphase, gedreht werden soll 2025. Ausserdem plane ich einen Dokumentarfilm über das Verhältnis des Menschen zum Tier, genauer dem Herdentier.