Der 1951 in St.Gallen geborene Künstler ist Dokumentarist und Erzähler zugleich – ein Grenzgänger, der sich nicht festlegen und nur schwer einordnen lässt. Liechtis Filme sind intelligente, präzis angelegte Versuchsanordnungen mit offenem Ausgang. Im Mittelpunkt steht er als Versuchsobjekt und Ich-Erzähler, wie beispielsweise in einem seiner ersten Filme «Ausflug ins Gebirg» (1986), oder als Wanderer in persönlicher Mission in «Hans im Glück» (2003). Als kritischer Autor und Kommentator beleuchtet er in Filmen wie Grimsel» (1990) und «Théatre de l’Espérance» (1987) aktuelle politische Fragen. Liechti greift immer wieder grundsätzliche philosophische Fragen auf, und gleichzeitig gibt er dem Alltäglichen, scheinbar Nebensächlichem Raum. In offenen Denkprozessen reflektiert er ungewöhnliche, oft absurde Perspektiven. Schon in seinen frühen Filmen arbeitet er mit Künstlern wie Roman Signer, Norbert Möslang und Andy Guhl zusammen, In den 90er Jahren feiert er gemeinsam mit Signer seinen ersten durchschlagenden Erfolg: In «Signers Koffer» (1996) begleitet Peter Liechti den Künstler über längere Zeit und filmt ihn an den unterschiedlichsten Aktionsschauplätzen in ganz Europa.
Nach einem Ausflug ins Genre des Spielfilms («Marthas Garten») Ende der 1990er Jahre entsteht 2003 nach langer und intensiver Vorbereitungszeit «Hans im Glück». In diesem eigenwilligen und unterhaltsamen Film wandert Peter Liechti dreimal auf unterschiedlichen Routen von Zürich nach St.Gallen, um sich das Rauchen abzugewöhnen. In unspektakulären Alltagsbeobachtungen und ironisch-melancholischen Selbstbefragungen lotet der Film das Spannungsfeld zwischen trotzigem Eigensinn und sozialer Norm aus. Das komplexe Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft thematisiert auch «Namibia Crossing» (2004), in welchem Liechti eine Gruppe von Musikern und Sängerinnen unterschiedlichster Herkunft auf ihrer Konzertreise durch Namibia begleitet. Mit der für ihn typischen Lakonie hält er sowohl die geglückten Momente als auch die Dissonanzen und Konflikte in dem heterogenen Ensemble fest. Der Film «Das Summen der Insekten – Bericht einer Mumie» (2009) greift einmal mehr das Thema Verweigerung auf und radikalisiert es bis zum absoluten Verzicht – zum Verzicht auf das Leben überhaupt zu. Dabei gewinnt Peter Liechti dem Thema Verweigerung und Verzicht durchaus auch eine utopische Dimension ab: Die konsequente Begrenzung schlägt unversehens in die grösstmögliche Entgrenzung um.