A SISTERS’ TALE bietet einen sehr emotionalen und berührenden Einblicke in das Leben einer iranischen Frau, die den Wunsch hegt, neben der Familie auch ihrer Leidenschaft für Musik nachgehen zu können. Der Dokumentarfilm der iranischen Filmemacherin Leila Amini über ihre Schwester Nasreen eröffnete die diesjährige Semaine de la Critique am Film Festival Locarno und wurde zu einem emotionalen Highlight. Nasreen sang erstmal öffentlich vor Publikum.
A SISTERS' TALE
A SISTERS’ TALE | SYNOPSIS
Die Dokumentation erzählt die Geschichte von Nasreen, einer Hausfrau mit zwei Kindern, verheiratet mit einem traditionellen und oft abwesenden Mann. Sie entscheidet sich, ihrer lebenslangen Leidenschaft für das Singen nachzugehen, obwohl es Frauen im Iran verboten ist, in der Öffentlichkeit zu singen. Leila Amani begleitete ihre Schwester während sieben Jahren. Gemeinsam mit ihr erleben wir die Reise Nasreens zur Befreiung ihrer Stimme als Sängerin und als Frau.
Leila Amini hat an der Kunstuniversität Teheran einen Bachelor-Abschluss in Filmwissenschaften und einen Master-Abschluss in Dramatischer Literatur erworben. Sie war jahrelang in verschiedenen Rollen im iranischen Kino tätig, hauptsächlich als Regieassistentin und Cutterin. Ihr erster eigener Film HASOOKHETH porträtiert eine traditionell iranische Familie, die den Verlust ihres Sohnes verkraften muss. Dieser Film wurde auf Filmfestivals im Iran gezeigt und von der BBC ausgestrahlt. Leila ist eine Alumna des Dok-Inkubators 2023 für A SISTERS’ TALE, einem 2010 gegründeten Rough Cut Lab zur Unterstützung des internationalen Dokumentarfilmschaffens.
A SISTERS’ TALE | REZENSION
von Georg Kling
A SISTERS’ TALES der irianischen Regisseurin Leila Amine portraitiert die langweilige Normalität des Alltages ihrer Schwester Nasreen Amini, eine Ehefrau und Mutter. Ihre Stimmung kippt immer mehr in Verzweiflung, weil sie sich in ihrem Leben eingeengt fühlt, ihren durch Zwangsheirat angetrauten Mann nicht liebt und kaum eine Chance sieht, aus ihrem «Gefängnis» auszubrechen. Sie stellt sich die Frage nach dem Sinn ihrer Existenz und sieht ihren grossen Traum, Sängerin zu werden, je älter sie wird, den «Bach runter gehen».
Kampf gegen das Regime
Soweit ist diese Geschichte eine wie viele. Die Vehemenz und Konsequenz, mit der sich Nasreen gegen alle Widerstände wehrt, sucht aber seinesgleichen. Die Protagonistin kämpft gegen ein Regime, welches Frauen das öffentliche Singen verbietet. Sie verfolgt kompromisslos ihren subversiven Weg zu einer unabhängigen Frau, Mutter und Sängerin, lässt sich scheiden und arbeitet mit der Hilfe von ihren Schwestern und Musiker:innen im Untergrund an ihrer Karriere. Und das im totalitären, frauenverachtenden Iran.
Unterwanderung und Freiheit
Diese Geschichte berührt und begeistert auf mehreren Ebenen. Unterdrückung und Intoleranz sind weltweit universelle Themen und in diesem Dokumentarfilm auch deshalb so gut nachvollziehbar, weil Filmemacherin Leila Amini es schafft eine grosse Nähe zu ihrer Schwester Nasreen und der Familie herzustellen, selbst wenn der Film eine für westliche Gemüter fremde und extreme Variante der Unterdrückung zeigt. Die Protagonistin wirkt mit ihrer kraftvollen, sehr emotionalen aber auch unbequemen Art überaus authentisch und nahbar. Sie berührt mit ihrem Gesang und macht Mut, sich für seine Träume einzusetzen, auch wenn diese überaus unrealistisch erscheinen. Schliesslich macht die Geschichte auch aus politischer Sicht Mut. Sie zeigt, dass es auch in einer Diktatur immer Möglichkeiten gibt das System zu Unterwandern und sich Freiheiten zu nehmen. Denn jede Diktatur wird an seiner Unterdrückung und Machtgier scheitern.
Fazit: Ein grossartiger, emotional berührender und Mut machender Film.