Nach sechs ereignisreichen Festivaltagen stehen die Gewinner der 20. Internationalen Kurzfilmtage Winterthur fest. Der dänisch-palästinensische Regisseur Mahdi Fleifel gewinnt den Hauptpreis der Jubiläumsausgabe. Die Preise des Schweizer Wettbewerbs gehen nach Neuenburg und ins Wallis.
20. Internationale Kurzfilmtage Winterthur | Die Gewinner
- Publiziert am 14. November 2016
Internationaler Wettbewerb
Es war eine intensive Woche für die fünf Jury-Mitglieder der 20. Kurzfilmtage – vierzig Filme galt es alleine im Internationalen Wettbewerb zu visionieren. Emilio Alvarez, Kathleen McInnis, Milja Mikkola, Luciano Rigolini und Neil Young bestimmten daraus den Dokumentarfilm A Man Returned (Grossbritannien/Niederlande/Libanon/Dänemark 2016) von Mahdi Fleifel zum Gewinner des Hauptpreises (12 000 CHF, SRG SSR). Die Jury war tief beeindruckt von der intimen Beziehung zwischen dem Regisseur und seinem Protagonisten, in einem Film, der eine aus dem Leben gegriffene Geschichte erzählt und dabei einige der zentralsten Herausforderungen einer immer turbulenteren Zeit aufzeigt. Den Förderpreis (10 000 CHF) vergab die Jury an «NO’I» (Belgien/Vietnam 2016) von Aline Magrez – und zieht damit den Hut vor einer intelligent strukturierten Arbeit, die feinfühlig und mit visuellem Flair zwischen privatem und öffentlichem Lebensraum navigiert. Im Rahmen der Vergabe des Förderpreises sprach die Jury zudem eine lobende Erwähnung aus an «Fructose» von Iván Argote – für einen Film, der die Filmwelt mit essenziellen avantgardistischen und experimentellen Inputs bereichert.
Schweizer Wettbewerb
Die Preise des Schweizer Wettbewerbs gehen nach Neuenburg und ins Wallis. Den Preis für den besten Schweizer Film in der Höhe von 10 000 CHF (suissimage/SSA) vergibt die Jury an E.B.C. 5300m (Schweiz 2015) des Neuenburgers Léonard Kohli. Das intensive, nachdenkliche Werk, welches die Unbedeutsamkeit des Menschen erlebbar macht, beeindruckte die Jury mit seiner Bildgewalt einer einfachen und doch spektakulären Landschaft. Lobend erwähnte die Jury zudem «En La Boca» (Schweiz 2016) des Luzerners Matteo Gariglio. Diese bemerkenswerte Dokumentation über Ticket-Fälscher besteche mit emotionaler Echtheit und habe die Jury sehr bewegt. Eine weitere lobende Erwähnung ging an die liebevoll menschliche Komödie «Rakijada» (Schweiz/Serbien 2016) von Nikola Ilić, womit sich ein Kreis schliesst: Der Film des aus Belgrad stammenden und in Luzern wohnhaften Filmemachers gewann letztes Jahr im Rahmen der Kurzfilmtage den Shortrun-Preis für ein vielversprechendes Drehbuch. Der Schweizer Kamerapreis, dotiert mit 11 500 CHF (Sachpreis, Canon), ging an die Walliserin Laurence Bonvin. Sie wird für ihre Kameraarbeit im Kurzfilm «Avant l’envol» (Schweiz 2016) ausgezeichnet, bei dem sie auch Regie führte. Die Jury lobte die radikale filmkonzeptionelle Machart des Films, der das Fremdartige und Alltägliche trotz oder erst recht aufgrund einer unkonventionellen Cadrage zusammenbringt.
ZKB Publikumspreis
Ein Dokumentarfilm über digitale Immigranten gewann den ZKB Publikumspreis. Das Publikum hatte die Wahl zwischen 54 Filmen aus 31 Ländern. Ein Gespann aus Solothurn und Luzern machte am Schluss das Rennen: Der Publikumspreis im Wert von 10 000 CHF (Zürcher Kantonalbank) ging an Digital Immigrants (Schweiz 2016) von Dennis Stauffer und Norbert Kottmann. Diese herzerwärmende Dokumentation zeichnet den Siegeszug des Heimcomputers in der Schweiz nach und begleitet eine Gruppe Senioren bei ihrem Versuch, den Anschluss ans digitale Zeitalter zu finden. «Dieser Film schafft es sehr schnell, einen empathischen Bezug zu den Figuren herzustellen. Das zum Einsatz kommende Fernsehmaterial steuert den nötigen Kontext bei – und lässt uns darüber nachdenken, wie schnell der technologische Fortschritt tatsächlich ist und was dies für jeden Einzelnen bedeutet», meinte dazu John Canciani, Künstlerischer Leiter der Kurzfilmtage.
Bester Schweizer Schulfilm
Bereits am Donnerstag, 10. November 2016, wurde im Rahmen des Schweizer Filmschulentags der Preis für den besten Schweizer Schulfilm im Wert von 5 000 CHF (SRG SSR) verliehen. Dieser ging an Millimeterle (Schweiz 2015) von Pascal Reinmann, produziert von der Zürcher Hochschule der Künste. Die Jugend ihrerseits richtete über das eigens für sie zusammengestellte Jugendprogramm und vergab den mit 500 CHF dotierte Jugendfilmpreis an «Mother Knows Best» (Schweden 2016) von Mikael Bundsen. Der ausserhalb des Wettbewerbs vergebene Shortrun-Preis für das vielversprechendste Drehbuch ging an Garrick James Lauterbach für sein Projekt «Soy tu Papá». Die Auszeichnung beinhaltet Postproduktions-Sachleistungen in der Höhe von 12 000 CHF (Tweaklab).
Standing Ovations für das CinéConcert
Die Ausgabe 2016 der Kurzfilmtage stand ganz im Zeichen des 20-Jahre-Jubiläums. Als eines der Highlights der Festivalwoche fand am Samstagabend im Theater Winterthur das CinéConcert statt – unter der Leitung des Winterthurer Dirigenten Reto Parolari untermalte das Musikkollegium Winterthur ein von den Kurzfilmtagen kuratiertes Stummfilmprogramm rund um die Faszination für das ehemalige Technikwunder Eisenbahn. An diesem besonderen Anlass, den das Publikum mit Standing Ovations verdankte, wurde unter anderem «L’arrivée d’un train à la gare de la Ciotat» (Frankreich 1897) von Louis Lumière gezeigt – ein bestimmendes Werk aus den Anfängen der Filmgeschichte. Auch Kurzfilmtage Freilicht, ein mit viel Liebe und Aufwand gestalteter Rundgang durch die Geschichte des Festivals, führte eine grosse Zahl an Festivalbesuchern quer durch die Winterthurer Altstadt – die einen zu Fuss, die anderen bequem chauffiert per Velo-Rikscha. Das von einer Reihe von Ehemaligen zusammengestellte Programm Kurz im Himmel nahm das amüsierte Publikum auf eine kurzweilige Reise zurück in die Anfangszeiten des Festivals, und die grosse Jubiläumsparty im Kraftfeld Winterthur war schliesslich ein würdiger Abschluss einer gelungenen Jubiläumsausgabe. Entsprechend zufrieden zeigt sich auch Remo Longhi, Kaufmännischer Leiter der Kurzfilmtage: «Wir sind sehr glücklich über den Verlauf des Festivals und die vielen positiven Reaktionen, die uns in den letzten Tagen zugetragen wurden – nicht nur in Bezug auf das Jubiläum, sondern insbesondere auch darauf, was in den letzten zwanzig Jahren alles geschaffen wurde. Das ist nicht nur eine schöne Bestätigung, sondern motiviert uns auch, mit Elan die nächste Festivalausgabe anzugehen.» Insgesamt waren während der Kurzfilmtage über 650 Berufsleute der internationalen Kurzfilmbranche in Winterthur zu Gast, und das Festival zählte insgesamt rund 18 500 Eintritte.