Als ich arttv.ch als Verein gegründet hatte und ihm in der Anfangsphase auch vorstand, war vieles im Entstehen. Wir hatten eine Idee, eine klare Haltung und den festen Willen, Kulturjournalismus im digitalen Raum neu zu denken. Was wir nicht hatten, war Gewissheit darüber, wie dieses Projekt ausserhalb unseres unmittelbaren Umfelds wahrgenommen würde. Doch da kam – wie aus heiterem Himmel – Roy Oppenheim.
Roy Oppenheim – ein Leben für Kultur, Öffentlichkeit und Haltung
Roy Oppenheim, ein Leben voller Engagement
Roy Oppenheim, geboren am 2. September 1940 in Baden, am 8. April 2025 ebenda verstorben, war nicht nur eine prägende Persönlichkeit, sondern ein Macher. Sein berufliches und gesellschaftliches Wirken erstreckte sich über mehrere Jahrzehnte und über verschiedene Ebenen der Schweizer Medien- und Kulturlandschaft.
Journalismus und Schweizer Fernsehen
Roy Oppenheim arbeitete zunächst als Journalist beim Schweizer Fernsehen – sichtbar auch in dem von uns im Rahmen dieser Würdigung publizierten Film, der ihn als jungen, neugierigen und präzisen Fernsehjournalisten zeigt. Später übernahm er leitende Funktionen im Kulturbereich des Schweizer Fernsehens. Kultur verstand er dabei nie als Randthema, sondern als gesellschaftliche Kernaufgabe und als integralen Bestandteil öffentlicher Medien.
Medienmanagement und internationale Tätigkeit
Innerhalb der SRG war Roy Oppenheim in verschiedenen Funktionen tätig, unter anderem in der Programmverantwortung. International arbeitete er als Experte für den Europarat und die UNESCO in Fragen der kulturellen Zusammenarbeit und der Medienentwicklung. Zudem übernahm er die Leitung von Swiss Radio International, wo er sich intensiv mit der Darstellung der Schweiz im Ausland sowie mit kultureller Vermittlung und internationaler Öffentlichkeit befasste.
Gründung und Innovation
Roy Oppenheim war massgeblich an der Gründung des vierten Fernsehkanals SPlus beteiligt, dessen Direktor er wurde. SPlus scheiterte weniger an Ideen als an den institutionellen Widerständen seiner Zeit. Insbesondere der damalige Fernsehdirektor Peter Schellenberger unterstützte das Projekt nicht. Im Gegenteil: Seine Haltung wirkte eher bremsend als fördernd. Ohne klare Rückendeckung aus der Führungsebene fehlten SPlus die strukturellen Voraussetzungen, um sich nachhaltig zu etablieren. Dennoch stand das Projekt exemplarisch für Roy Oppenheims Willen, Medien nicht nur zu verwalten, sondern aktiv weiterzudenken.
Kulturelle Projekte und Dialogarbeit
Ein zentrales Engagement war das Projekt Doppeltür, das den interkulturellen und interreligiösen Dialog förderte. Dieses Engagement war langfristig, persönlich getragen und Ausdruck seiner Überzeugung, dass Kultur Brücken bauen muss – konkret, im Austausch, nicht symbolisch. Darüber hinaus initiierte und begleitete er weitere kulturelle und gesellschaftliche Projekte, häufig an der Schnittstelle von Medien, Bildung und Öffentlichkeit.
Publizistische Arbeit
Roy Oppenheim verfasste Bücher, Essays und Beiträge zu Medien-, Kultur- und Gesellschaftsfragen. Zudem produzierte und begleitete er Fernseh- und Filmprojekte, die sich durch Tiefe, Kontextualisierung und historische Einordnung auszeichneten.
Engagement für arttv.ch
Nach der Gründungsphase übernahm Roy Oppenheim das Präsidium des Vorstands von arttv.ch. Er stärkte den Verein durch seine Glaubwürdigkeit, Vernetzung und mediale Erfahrung und öffnete Türen zu Institutionen, Partner:innen und Entscheidungsträger:innen. Dabei griff er nie in die redaktionelle Arbeit ein. Er stand konsequent für die Trennung von Inhalt und Amt – und für das Vertrauen in engagierten Kulturjournalismus.

Roy Oppenheim als junger Journalist im Gespräch mit Yehudi Menuhin
Pionierarbeit, die gesehen wurde – Eine unerwartete Stimme der Anerkennung
Mindestens so gross wie meine Freude, als sich Roy Oppenheim bei mir meldete, war mein Erstaunen: Eine national bekannte und profilierte Persönlichkeit, ein Mann, der die Schweizer Medien- und Kulturlandschaft über Jahrzehnte mitgeprägt hatte, gratulierte uns zu arttv.ch. Nicht höflich-distanziert, sondern mit echter Aufmerksamkeit. Er sagte mir, wir hätten hier absolute Pionierarbeit geleistet. Und er fügte hinzu, dass dieses Projekt wichtig sei – und dass er sich dafür einsetzen werde.
Mehr als ein Kompliment
Diese Reaktion war alles andere als selbstverständlich. Sie war getragen von einem tiefen Verständnis dafür, was engagierter Kulturjournalismus leisten kann. Roy Oppenheim hatte sofort erfasst, worum es uns ging: nicht um Gefälligkeit, nicht um Selbstpromotion, sondern um Öffentlichkeit, Einordnung und Verantwortung. Seine Begeisterung bewog mich dazu, ihn zu fragen, ob er sich vorstellen könne, das Präsidium von arttv.ch zu übernehmen. Seine Zusage war für mich damals wie ein Ritterschlag. Nicht aus persönlicher Eitelkeit, sondern weil sie bedeutete: Dieses Projekt war angekommen. Wenn jemand wie Roy Oppenheim bereit war, seinen Namen, seine Erfahrung und seine Glaubwürdigkeit mit arttv.ch zu verbinden, dann war das ein starkes Signal – nach innen wie nach aussen.

Roy Oppenheim übernimmt von Felix Schenker, erster Präsident und Gründer von arttv.ch, das Präsidium
Was sich dadurch veränderte
Und genau so wirkte es. Mit Roy Oppenheim als Präsidenten öffneten sich Türen. Gespräche wurden einfacher, Vertrauen schneller hergestellt, das Projekt ernster genommen. Er verlieh arttv.ch eine Sichtbarkeit und Verankerung, die wir aus eigener Kraft in dieser Phase kaum hätten erreichen können. Dabei drängte er sich nie in den Vordergrund. Er verstand das Präsidium als Unterstützung, nicht als Bühne. Die redaktionelle Unabhängigkeit war für ihn unantastbar – vielleicht gerade deshalb, weil er wusste, wie zerbrechlich Glaubwürdigkeit ist.
Finanzielle Unterstützung
Ein weiterer Game-Changer folgte wenig später. Neben Roy Oppenheim war dies Niggi Ullrich, der damalige Kulturverantwortliche des Kantons Basel-Landschaft. Er erkannte den Pioniercharakter unseres Projekts und sicherte arttv.ch eine finanzielle Unterstützung zu. Damit vollzog der Kanton vor rund zwanzig Jahren einen Schritt, der bis heute diskutiert wird: Darf die öffentliche Hand Medien unterstützen? Dass diese Frage damals konkret beantwortet wurde, war für arttv.ch von existenzieller Bedeutung. Umso bedauerlicher ist es, dass der Kanton Basel-Landschaft heute – als einer der wenigen Kantone der Deutschschweiz – aus Spargründen nicht mehr Partner von arttv.ch ist. Die Frage nach der Rolle der öffentlichen Hand bei der Förderung von Kulturmedien bleibt damit offen – und aktueller denn je.
Haltung statt Bühne
Was mir bis heute geblieben ist, ist diese erste Begegnung: die Grosszügigkeit seines Interesses, die Klarheit seiner Worte, die Selbstverständlichkeit, mit der er Verantwortung übernahm, wo er Sinn erkannte. Roy Oppenheim glaubte an Kultur als gesellschaftliche Aufgabe – und er handelte danach. Roy Oppenheim fehlt. Als Persönlichkeit, als Stimme, als Mensch mit Haltung. Was bleibt, ist Dankbarkeit – und das Wissen, dass seine Unterstützung für arttv.ch weit mehr war als eine Amtshandlung. Sie war ein Zeichen, das bis heute nachwirkt.

Ein weiterer Glücksfall für arttv.ch war die Übergabe des Präsidiums von Roy Oppenheim an Jean-Pierre Hoby. Beide verbindet der Glaube an die gesellschaftliche Kraft der Kulturvermittlung