Vor 100 Jahren fiel im Kanton Graubünden ein Entscheid mit Folgen: Das Autofahrverbot wurde aufgehoben – auch im Engadin begann das Zeitalter der motorisierten Mobilität. Die Ausstellung «Auto – 100 Jahre mobil im Engadin» erzählt von Widerstand und Wandel, von Technik, Tourismus und Transformation – und fragt, wie Mobilität in Zukunft aussehen kann.
Freie Fahrt ins Engadin
- Publiziert am 3. Juni 2025
Wie ein kantonales Fahrverbot Geschichte schrieb und das Engadin sich später durch das Auto langfristig wandelte.
Ein Blick zurück und nach vorn
Die Ausstellung der Fundaziun La Tuor, einer kulturellen Plattform für Südbünden, bietet einen Überblick über die historischen, kulturellen und baulichen Entwicklungen des motorisierten Verkehrs mit Fokus auf das Hochtal des Engadins. Sie wirft Fragen auf, wo die Grenzen des Wachstums liegen – und wie eine Zukunft mit mehr oder weniger Verkehr gestaltet werden könnte.
Das Verbot und sein Ende
Vor genau 100 Jahren fiel im Kanton Graubünden ein Entscheid, der die Region nachhaltig prägte: 1925 stimmten die Bündner Männer der Aufhebung des Autofahrverbots zu. Besonders im Engadin markiert dieses Datum den Beginn einer neuen Ära – von der Abgeschiedenheit zur motorisierten Mobilität, vom Pferdefuhrwerk zur beschleunigten Moderne. Die Folgen sind bis heute sichtbar: Landschaft, Infrastruktur und Lebensalltag haben sich seither grundlegend verändert. Um 1900 waren Autos in Graubünden verboten. Der Lärm, der Staub und das hohe Tempo der neuen Fahrzeuge stiessen auf breite Ablehnung. Besonders die Fuhrhalter-Lobby und die im Aufbau befindliche Rhätische Bahn setzten sich erfolgreich gegen das Auto zur Wehr. Der Kleine Rat des Kantons reagierte mit einem generellen Fahrverbot auf allen Bündner Strassen – ein europaweit einzigartiger Schritt. Nur unter Auflagen und mit Sonderbewilligungen durften Fahrzeuge verkehren.
Mobilität im Wandel
Mit dem wachsenden Tourismus mehrte sich jedoch der Druck: Gäste wollten mit dem eigenen Wagen ins Engadin reisen, Hoteliers und Gastwirte engagierten sich gegen das Verbot. Nach langem Ringen fiel 1925 der Entscheid zur Aufhebung – der Wandel nahm Fahrt auf. Strassen wurden gebaut, Alpenpässe verbreitert und der neuen Mobilität angepasst. Auch entlegene Täler und Orte waren nun per Auto oder Postauto erreichbar. Die Fahrt durch die Bündner Bergwelt wurde zum Erlebnis – der Blick durch die Windschutzscheibe eröffnete eine neue Perspektive auf die alpine Landschaft. Bereits in den 1930er- und 1940er-Jahren planten Ingenieure Passstrassen bewusst so, dass sie ein besonders eindrückliches Panoramaerlebnis boten. Mit dem Auto kam auch die passende Infrastruktur: Strassenbau und Kunstbauten auf der einen, Tankstellen und Parkplätze auf der anderen Seite prägten zunehmend das Landschaftsbild und gehörten bald zum Alltag. Heute, hundert Jahre später, ist das Auto und die damit verbundene Infrastruktur weiterhin ein zentrales Thema. Wie kann Mobilität in einem Hochgebirgstal wie dem Engadin mit den Herausforderungen des Klimawandels und einer ökologisch verantwortungsvollen Entwicklung in Einklang gebracht werden?
(Textgrundlage: Fundaziun La Tuor)