Das Strohmuseum im Park zeigt Kunsthandwerk im aktuellen Kunstschaffen
Sechs zeitgenössische Künstler:innen setzen sich in einer Ausstellung intensiv mit der handwerklichen Tradition der Klöppelei auseinander.
Das Strohmuseum im Park in Wohlen und das Haus zur Glocke in Steckborn haben sich Ende 2022 für ein Ausstellungsprojekt zusammengeschlossen. Gedanklicher Ausgangspunkt ihrer Kooperation bildete die wichtige Rolle der Spitzenklöppelei in der Vergangenheit der beiden Ortschaften sowie deren diesbezüglichen Handelsbeziehungen. Noch bis März 2023 ist die Ausstellung im Strohmuseum im Park zu besichtigen.
Kommende Veranstaltungen im Strohmuseum im Park
Petra Giezendanner führt im Gespräch mit Margrit Linder durch die Ausstellung
29. Januar 2023 | 14.00 Uhr
Vortrag und Klöppelpräsentation von Karin Holenstein
05. Februar 2023 | 14.00 Uhr
Petra Giezendanner führt durch die Dauer- und Sonderausstellung
19. März 2023 | 14.00 Uhr
Gemeinsame Tradition
Textilien, verarbeitet in verschiedenen Methoden, sind wichtige Ausdrucksmaterialien. Traditionelle Techniken, wie Sticken, Häkeln, Weben, Klöppeln etc. erhalten so einen neuen Stellenwert. Vor diesem Hintergrund präsentieren Judit Villiger (Leiterin Haus zur Glocke), Gabriele Lutz (freie Kuratorin und Kunstpublizistin) und Petra Giezendanner (Leiterin Strohmuseum im Park) ihre Doppelausstellung. Grundlage des Ausstellungsprojektes bildet die historische Verbundenheit von Wohlen (Kanton Aargau) und Steckborn (Kanton Thurgau) durch das Spitzenklöppeln: In Steckborn entstand im frühen 19. Jahrhundert eine Klöppelindustrie, die in Heimarbeit betrieben wurde. Das Städtlein am Untersee gehörte neben Lauterbrunnen (Kanton Bern) zu den wenigen Orten, wo Spitzen geklöppelt wurden. Ab den 1840er-Jahren exportierte es insbesondere aus Rosshaar geklöppelte Spitzen nach Wohlen, dem Zentrum der Freiämter Hutgeflechtindustrie. Dort wurden die feinen Gewebe mit Stroh ausgeschmückt und als Hutgeflechte oder als Hutdekorationselemente in die Welt exportiert.
Zwischen Kunst und historischem Handwerk
Mit der Doppelausstellung möchten die Kuratorinnen auf die Geschichte der beiden Orte verweisen wie auch einen Dialog eröffnen zwischen der Gegenwartskunst und der Spitzenklöppelei. Dafür haben sie sieben Kunstschaffende eingeladen, für die Ausstellungsorte Werke zu produzieren, die sich mit der Klöppelei auseinandersetzen. Dabei war ihnen wichtig, dass das Handwerk nicht imitiert, sondern vielmehr eine Fokussierung auf spezifische, das Klöppeln auszeichnende Aspekte vorgenommen wird. Die entstandenen Werke zeichnen sich so durch eine Vielfalt unterschiedlicher Reflexionen und Annäherungen an das Thema aus: Sie setzen sich mit Struktur, Serialität und Reproduktion auseinander; sie befassen sich mit kaum bezahlter Familien-, Betreuungs- oder Heimarbeit; sie hinterfragen die Differenz zwischen Kunst und historischem Handwerk oder sie regen zu einer Annäherung an die Gefühlswelt einer fiktiven Klöpplerin an. Die Kunstschaffenden greifen dabei auf klassische Medien wie die Zeichnung zurück, sie arbeiten mit traditionell kunstfremden Materialien wie Haaren oder sie nutzen gefundene Klöppelbriefe und alten Klöppeleien als Grundlage. Das Ausstellungsprojekt rückt dergestalt verschiedenste Facetten des Kunsthandwerks ins Zentrum der Betrachtung – und gibt ihm auf diese Weise seine einstige Wertschätzung zurück.